Zufriedenheit
Was für ein schöner Zustand. Zufrieden sein. Nichts, was einen aufregt, was irgendwie schräg sitzt, was einem nicht passt. Es ist Friede. So weit, so gut.
Problematisch wird es, wenn aus Zufriedenheit der selbstzufriedene Anspruch entsteht, dass alle und alles um einen herum diese Situation keinesfalls irritieren dürfen, dass Änderungen nicht erwünscht sind. Sie würden diesen Frieden stören. Das sind dann Störenfriede. Ganz schreckliche Gesellen.
Das zentrale Element in Zufriedenheit ist Friede. Es herrscht kein Streit, kein Krieg, bei dem Menschen leiden müssen. Welch ein Glück, wenn man in solch einer Situation leben kann. Friede ist etwas, das wir brauchen. Um uns enwickeln zu können, um eine Lebensumwelt zu haben, in der wir existenz-sicher vorankommen.
Gleichzeitig wissen wir: Friede ist keine Selbstverständlichkeit. Jede und jeder muss sich ständig darum bemühen, im Kleinen wie im Größeren Streitigkeiten zu vermeiden. Vor allem Streit, der zu eskalieren droht. Wo eine Situation erzeugt wird, in der die Spirale der Konfrontation immer weiter geht, sich immer schneller dreht. Wo ein vernünftiger Umgang mit dem Gegenüber, ein sachlicher Prozess des Nachdenkens, ein reflektieres Hinhören und Antworten im respektvollen Miteinander gar nicht mehr geht.
Derzeit scheint ein solch unfriedlicher Spiral-Effekt in der sogenannten Zivilgesellschaft im Gange zu sein. Schnell ist die Erregung groß. Das Hinhören, der Versuch, zu verstehen, das Interesse, Hintergründe zu ermitteln, bleiben oftmals auf der Strecke.
Klar, dass sich die meisten Menschen einer solchen Situation vorzugsweise nicht mehr aussetzen wollen. Auseinandersetzung unterbleibt folgerichtig.
Stattdessen ziehen sich immer mehr Leute in ihr privates Umfeld zurück, versuchen, sich den Wirrnissen der Welt und eben dem Streit, dem Krawall zu entziehen. Man will seinen Frieden haben.
Sehr nachvollziehbar. Konsequent weitergedacht bedeutet das allerdings, dass wir den lauten Krawallisten, den Streithähnen und -hennen, den Unruhestiftern das Feld überlassen. „Lasst uns in Frieden“, sagen viele vor sich hin und suchen sich das, was persönlich zufrieden macht. So entsteht aber nicht nur nichts Neues, sondern auch nichts Besseres.
Es wird schnell klar, dass damit noch lange kein Friede herrscht. Der selbstzufriedene Rückzug führt eben doch nicht zur vollkommenen Entspannung. Denn die Spannungen „da draußen“ bleiben. Damit ist also nichts gewonnen.
Vielleicht brauchen wir statt der Zu-friedenheit eher eine Auf-friedenheit. Einen Frieden, der durch die offene Befassung mit unseren Lebensumständen und unserer Welt entsteht. Der also mehr Fragen öffnet als über scheinbar eindeutige, oft abwehrende Antworten schließt.
Die Welt ist weder ein-fach, noch zu-frieden. Sie ist viel-fach und unsicher. Wenn wir friedlich auf ihr leben wollen, brauchen wir gute Ideen und viel guten Willen, die Welt und unser gesellschaftliches Umfeld auch mal neu zu denken. Das ist selten gemütlich und macht nicht immer zufrieden. Das Leben aber wird im Idealfall auf diese Weise lebens- und liebenswerter.