Zeit
Was eigentlich ist Zeit? Gibt es die eine Zeit, gibt es viele, gibt es eine allgemeine oder doch die persönliche Zeit? Wieviele Interpretationen von Zeit, wieviele Möglichkeiten, Zeit auszufüllen, zu verbringen oder auch totzuschlagen, gibt es? Schon diese kurzen Überlegungen zum Start dieses Beitrags zeigen: Zeit ist vor allem eine Frage. Oder eben ganz viele Fragen. Und vermutlich gibt es zu jeder dieser Fragen auch nicht nur eine Antwort. Sondern eben auch hier: ganz viele.
Kann man dann an dieser Stelle nicht auch gleich aufhören? Gibt es überhaupt etwas, was man zu Zeit schreiben kann? Der Versuch ist es wert. Der öffnet eine Sicht auf Zeit, die andere Auffassungen zu diesem Phänomen nicht ausschließen, vielleicht sogar beflügeln.
Manchen wird die Zeit zu lang, manche haben nicht genug davon, wieder anderen fehlt die Zeit, dann wiederum zieht sie sich, sie vergeht nicht oder zu schnell. Zeit wird mit Warten verbunden, mit Eile, mit Pünktlichkeit oder dem Gegenteil davon, mit Druck, mit Langeweile und sonstigen Empfindungen. Zeit hilft einerseits, unserem Tun, dem Leben einen Rhythmus zu geben. Andererseits taktet sie uns oft in einer Art, der wir uns ausgesetzt fühlen und die uns die Selbstbestimmung nimmt.
Zeit ist also eine tückische Sache. Ohne sie können wir uns kaum strukturieren, nicht miteinander abstimmen, finden in einer durchgeplanten Welt keinen Weg, um teilzunehmen, dabei zu sein, uns einzubringen.
Gleichzeitig möchten wir uns dieser vorgegebenen Zeit-Rechnung oft gerne entziehen. Daten, Uhrzeiten, Kalendereinträge – all das kann irgendwann auch zu einem beengenden System werden, das einem die Freiheit nimmt, zeitlos etwas zu gestalten.
Und schon kommen wieder Fragen auf: Geht ein „zeitloses“ Leben, dem man ohne Regeln einfach folgen bzw. dieses einfach leben kann? Gibt Zeit nicht auch Verbindlichkeit, eine Sicherheit, die wir brauchen, um uns an etwas festhalten zu können und uns nicht im zeitlosen Raum zu verlieren?
In dieser Welt mit ihren unterschiedlichen Zeitzonen, die alle nach weltumspannenden zeitlichen Vorgaben gültig sind, ist ein Leben ohne zeitliche Einordnung kaum mehr möglich. Man wüßte gar nicht, woran man sich noch halten soll.
Wer sich diesem Rhythmus entzieht, bleibt außen vor. Und gleichzeitig doch in den Lauf der Zeit eingebunden. Denn die Zeit ist ein Ereignis, dem man sich nicht entziehen kann. Aber man kann versuchen, sich mit ihr anzufreunden. Nicht mit der Uhrzeit, den Zeiten, die andere setzen oder den automatisierten Kalendereinträgen.
Doch wie wäre es damit, Freundschaft zu schließen mit der Lebenszeit und ihren vielfältigen Angeboten? Das könnte ein Weg sein, der Zeit etwas abzugewinnen. Zu allen Zeiten sind unsere Möglichkeiten andere. Und damit gehen immer wieder Gestaltungsräume auf. Die sich mit Glück und innerem Frieden füllen lassen. Für alle Zeiten.