Transparenz
Hat eigentlich noch irgendjemand den Durchblick? Und was sieht man dann? Ist das hinter der Oberfläche das Echte, das Wahre, das Richtige?
Die Forderung nach Transparenz ist weit verbreitet. Die Politik soll transparent darlegen, warum sie welche Entscheidungen trifft. Von Unternehmen erwartet man, dass sie transparent machen, was sie wo und wie produzieren. Prominente sollen transparent sagen, woher sie ihr Geld beziehen.
Wir wollen alles wissen, alles soll öffentlich sein.
Das hat seine Berechtigung und ist in vielen Fällen dringend angeraten. Dass Lobby-Gruppen nicht mehr hinter den Kulissen ihre Deals mauscheln, dass man darüber erfährt, welche Firma sich asozial, unökologisch und unfair verhält, dass Gehalts- und Machtstrukturen offengelegt werden – das muss in freiheitlich demokratischen und aufgeklärten Gesellschaften selbstverständlich sein.
Doch muss überall und von jedem Transparenz eingefordert werden? Oder gibt es Bereiche, in denen das Undurchsichtige, das Verborgene auch seine Berechtigung hat?
Natürlich kommt kein Zaubertrick ohne Verbergen und Geheimnisse aus. Ebenso brauchen Rätsel oder Spiele das Hintergründige, das Fragwürdige, das Versteckte, den Bluff.
Und auch im Miteinander wünschen sich Menschen manchmal die Tarnkappe, unter der sie nicht vollständig sichtbar, offen und gläsern sind.
Denn Transparenz, die Öffnung gegenüber der Außenwelt macht verletzlich und angreifbar. Man setzt sich nicht nur Fragen, sondern auch Kritik aus. Und zunehmend wird Kritik nicht sachlich, konstruktiv und mit dem Ziel der substanziellen Hilfe und Verbesserung geübt, sie soll etwas kaputtmachen.
Transparenz funktioniert nur, wenn dieser gewährte Einblick auch auf ein respektvolles Gegenüber stößt. Auf beiden Seiten muss man sich darüber einig sein, dass Offenheit mit Verantwortung einhergeht. Es muss die Vereinbarung gelten, dass Transparenz bedeutet, in beide Richtungen zu blicken und blicken zu lassen und auf dieser Grundlage Austausch zu ermöglichen.
Eine einseitige Transparenz, wie man sie aus Krimi-Filmen kennt, wo die Ordnungshüter hinter einer blickdichten Scheibe dem mutmaßlichen Täter zuschauen, der selber aber keinen Einblick in die Abläufe erhält, kann für einem respektvollen Umgang nicht funktionieren.
Offenheit im Miteinander geht nur, wenn niemandem der Blick verstellt wird. Themen, Lebensbereiche und Entscheidungen, die uns alle betreffen, müssen transparent gehandhabt werden.
Wir müssen lernen, konstruktiv mit dieser Offenheit umzugehen; und eben nicht im Glashaus mit Steinen um uns zu schmeißen. Sonst gibt es viele Scherben und kalten Durchzug, aber es wird kein Stück besser. Das wäre nun keine gute Aussicht.