Toleranz

Auch bei diesem Begriff, den wir heute als so selbstverständliche Tugend gerne vor uns hertragen, ist es interessant, mal auf die Herkunft zu schauen. „tolerantia“ bedeutet die Fähigkeit, ertragen zu können. Erst mal ist hier also ein passives Aushalten und Dulden gemeint.

Für Menschen, die es für eine Zumutung halten, etwas hinnehmen zu müssen, die stattdessen aktiv einfordern, dass sie ihr Leben, ihre Entscheidungen, ihre Verhaltensweisen grundweg selber bestimmen, ist es gar nicht so einfach, in eine solche Passivität zu gehen.

Machen wir also aus Toleranz mal eine aktive Sache. Auch die wurde nämlich im Laufe der Zeit mit dem Begriff assoziiert und damit auch die Auffassung von Rücksichtnahme, Aufgeschlossenheit und Großzügigkeit. In der Konsequenz wird aus einem passiven Erdulden ein aktives Zugehen.

Toleranz - wenn wir es wirklich als etwas verstehen und leben wollen, das Menschen zusammenbringt - eröffnet so eine ganze Menge an Gestaltungskraft.

Egal ob es um zunächst fremde Menschen geht, um andere Gebräuche, um ungewohnte Sehweisen, um irritierende Klänge, um bislang unbekannte Speisen - was würde uns alles fehlen, wenn wir uns nicht nur ständig auf Neues einlassen, sondern dies auch noch selber zu unseren Gewohnheiten machen würden.

Aufgeschlossenheit hat eben nicht nur etwas damit zu tun, dass man über den sogenannten eigenen Schatten springt, sich traut, auf Unbekanntes einzugehen, etwas zu probieren, sondern ist verbunden mit enorm viel Großzügigkeit. Das Leben gewinnt, der Horizont wird erweitert, die Sinne bereichert

Das, was zunächst irritierend erschien, bekommt - wenn man erst mal bereit ist, sich auf die Irritation einzulassen - eine Bedeutung, die Neues eröffnet. Plötzlich sieht man anders auf Menschen und Dinge, erkennt, was man vorher nicht wußte, versteht mehr von der Welt, sieht andere Facetten.

Das kann zugegebenermaßen auch erschrecken, überfordern. Doch wenn man das als fremd Empfundene, das Ungewohnte als eine Überraschung auffassen kann, auf die man sich - wie auf eine Urlaubsreise – freudig einlässt, dann kann es passieren, dass man einen Weg findet, dieses Neue in das eigene Leben zu integrieren und dabei Energie zu gewinnen.

Toleranz ist also nicht nur etwas, das man freundlicherweise gewährt, Toleranz spiegelt und wirft entsprechend Gutes zurück. 

Und damit dürfte man passiv wie aktiv ganz schön weit kommen in einer Welt, die genau davon lebt, dass wir rücksichtnehmend und aufgeschlossen für ein gesellschaftliches Miteinander zusammenfinden. 

Sonst wird es nämlich ziemlich ungemütlich. Das kann man ja wohl kaum gerne hinnehmen wollen.

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