Sprachlosigkeit

Wie? Um uns herum wird geredet, präsentiert, vorgetragen, erzählt, verlesen, geschimpft, manchmal geflüstert, manchmal geschrien. Wieso ist dann hier von Sprachlosigkeit die Rede? Die ist doch nun wirklich nicht das Problem.

Weit gefehlt.

Etwas zu äußern – wo, wie und wie laut auch immer – ist nicht das Gleiche, wie sprechen. Und das wiederum nicht das Gleiche wie miteinander sprechen. Wobei das Sprechen in dem hier gemeinten Sinne mündlich wie schriftlich geht.

Bei der Kakophonie an Texten, Meinungen, Äußerungen, Verlautbarungen wird uns mittlerweile offenbar so schwummrig, dass wir uns lieber mal ganz weit ins hintereste Eck zurückziehen. Dort bleiben wir so lange es geht, lassen die da draußen herumtönen und beschäftigen uns lieber mit unserem eigenen Programm.

Das Problem bei der Nummer: Es kommt kein Gespräch, kein Austausch und in der Folge kein Verstehen mehr zustande. Alle mosern vor sich hin, wurschteln sich durch den Alltag, versuchen der Lage Dame oder Herr zu werden und alles, was nicht zur direkten Lösung von akuten Herausforderungen dient, abzuwehren.

Auch dazu, so könnte man einwerfen, braucht es ja Sprache. Doch wir haben es geschafft, die selbst da, wo sie doch sein müsste, weitgehend wegzuräumen. Wir delegieren an Messenger, an Kurznachrichten, an Emojis und reduzieren unsere Informationsvermittlung auf die geringstmögliche Anzahl an Zeichen.

Was bleibt da übrig?

Vielleicht fragen wir besser umgekehrt: Was bleibt auf der Strecke?

Zunächst das bereits erwähnte Verstehen. Das, was da hin- und hergesendet oder gepostet wird, ermöglicht beim Gegenüber vielfache Interpretationen, selten jedoch Klarheit. Weder über das, was im Kern gemeint war, erst recht nicht, warum die Äußerung relevant sein sollte.

Im Weiteren fehlt uns eine Bandbreite an Emotionen, die Menschen ausdrücken können. Über Sprache, Mimik, Gestik – über all das, was Menschen möglich ist, um mit anderen in einen echten Austausch zu kommen, in dem Gefühle mitspielen.

Und schließlich droht uns eine Kultur verloren zu gehen, die Sprache als elementaren Baustein der gesellschaftlichen Entwicklung braucht. Das „Land der Dichter und Denkerinnen“ hat mit sprachlichem Ausdruck Vieles in die Welt gebracht, das nicht nur zu Erbauung führt, sondern Ideen vorantreiben, Neues auf den Weg bringen und Initiativen ins Leben rufen konnte. Egal in welcher Sprache, welchem Dialekt, welcher kommunikativen Form Sprache Ausdruck bekommt – sie hat etwas Individuelles wie Verbindendes gleichermaßen. Das bekommt übrigens kein Computer-Programm so human hin.

Mal wieder miteinander sprechen – klingt nach einem guten Vorhaben.

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