Diversität

Von Diversität ist verbreitet die Rede. Mal als Aufforderung, mal als politisches Statement, mal als soziales Phänomen. Doch was hat es damit eigentlich auf sich? Worum genau geht es?

Gehen wir doch die Sache mal von einem anderen Begriff her an: Universität. Wieso das, mag sich manch einer fragen - kann man das studieren? Vielleicht auch. Doch darum geht es nicht. Zuweilen nur hilft es, sich einer Sache über einen Umweg zu nähern. Und zu diesem Vorgehen liegt der Schlüssel manchmal in der Sprache und der Herkunft von Worten.

Universität zum Beispiel war nicht ursprünglich gleichgesetzt mit einer wissenschaftlichen Einrichtung, mit einer Lehrstätte für akademische Bildung. Das lateinische „universus“ bedeutet „ganz“ oder „sämtlich“; „universitas“ wiederum kann übersetzt werden mit „Gesamtheit“ oder auch der „Gemeinschaft von Menschen“. An einer Universität versammeln sich demnach erst einmal Menschen. Und irgendwann wurde vor diesem Hintergrund daraus eine Einrichtung, in der Lernende und Lehrende zusammenkommen und sich austauschen, um - nun, das ist eine andere Frage….

Diversität nun wiederum betont nicht das Gemeinsame, sondern deutet auf Ungleichheit, auf Unterschiede hin. Die wiederum werden klassifiziert. 

Man kann entsprechend sogenannte Zielgruppen identifizieren, Wählerschaften, Zugehörigkeiten in Clubs oder Vereinen und viele andere „Einheiten“ mehr. Solche Gruppierungen sind dadurch charakterisiert, dass sich dort möglichst viel vom Gleichen versammelt. Manchmal kann man diesen Personenkreis nach festgelegten Kritierien sogar definieren, auf jeden Fall festlegen. So sind in manchen Sportclubs Kleidervorschriften bindend, in Vereinen gibt es eine Satzung, die bestimmt, wer dabei sein darf, zu Marketingzwecken beschriebene Zielgruppen haben z.B. ein bestimmtes Alter, ein bestimmtes Einkommen usw.

Es geht um Etikettierbarkeit; keine Ausnahmen - so ist die Regel.

Das macht die Dinge ja auch recht einfach. Da muss man nicht jedes Mal überlegen und sich nicht jedes Mal wieder Mühe machen. Es ist klar, was gilt. Und was nicht. Ebenso, wer dazu gehört. Und wer nicht. Das gilt sozusagen - auch wenn nur für einen kleinen Bereich - universal. Sehr praktisch.

Und da wird schon klar: so einfach ist das dann mit der Diversität nicht. Was gilt denn noch? Wer darf denn in welchem Umfeld was, wie aussehen, was tragen, sich wie äußern, welche Ansprüche erheben, was erwarten ….? Und wie muss bzw. darf man sich umgekehrt in solch einer undefinierten Lage verhalten?

Ganz schön knifflig.

Hinzu kommt, dass - je nach Kontext - Diversität auch nicht immer nach denselben Vorgaben interpretiert wird. Ist damit Vielfalt, Vielseitigkeit, multikulturelles Durcheinander, Mannigfaltigkeit oder sonst etwas gemeint? Bedeutet Diversität, dass nun alle „rein“ dürfen - in jeden Verein, in jede Schule, in jedes Gebäude, in jeden Staat? 

Also, mal ganz einfach gefragt (so haben wir es gerne): ist Diversität denn nun gut oder schlecht?

Und die ganz einfache Antwort: Weder noch.

Menschen brauchen Zugehörigkeit. Und sie brauchen Zuwendung, Zuspruch. Das wiederum erfordert, dass das Umfeld, in dem man sich bewegt, verstehen muss, wie man selber tickt. Und umgekehrt. Diese Verbindung aus Gleichen, aus gleichen Hintergründen, vergleichbaren Erfahrungswerten, die ermöglicht Zustimmung. Und die Bereitschaft, sich innerhalb dieses Kontextes auch zu verändern bzw. eine (geringfügige) Änderung zuzulassen. In einem solchen Kreis fühlt man sich immerhin sicher.

Anders wird es, wenn man sich plötzlich einer Vielfalt gegenübersieht, die in nur geringer Übereinstimmung steht mit dem, was man selber kennt. Lebens- und Verhaltensweisen, Gebräuche bis hin zum Aussehen - alles erscheint einem fremd. Und Fremdes wir maximal im (Abenteuer-)Urlaub gern gesehen. Und das auch nur, wenn man aus der Nummer sicher wieder herauskommt.

Wie soll man unter diesen Vorzeichen echte Vielfalt in einer Welt aushalten, leben und gestalten können, die sich immer mehr vervielfältigt, in der Menschen - ob freiwillig oder gezwungen - über den Planeten wandern und nach Gemeinschaft (nach einer Universität) suchen?

An verschiedenen Orten dieser Welt versucht manch einer, Mauern hochzuziehen, um Andere abzuhalten vom Betreten der eigenen kleinen Welt, vom Zugang zu menschlicher Vielfalt.

Viel besser wäre es, aus der Welt eine Universität zu machen, in der alle lernen, üben, trainieren können, miteinander eine Gemeinschaft zu bilden, die gemeinsam die Dinge zum Besseren wendet. Das wäre die wahre diverse Universität, die wir brauchen, um unsere Zukunft menschenfreundlich zu entwickeln. Ein einschränkender Numerus clausus - nicht notwendig. Hereinspaziert!

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Sprachlosigkeit