Sorgfalt
Bei der Endung des Wortes blättert sich gleich so Einiges auf. Irgendwie geht etwas mit -falt nie schlicht aus. Selbst bei Einfalt steckt die Vielfalt drin - und sei es nur als ihr Gegenteil.
Was ist, wenn sich mit diesem Worteil die Sorge verbindet? Und da - Begriffsklärung ist ja hier die Hauptübung - kann man sich erst mal fragen, was denn Sorge überhaupt ist.
Eltern sorgen sich um ihre Kinder. Manche sorgen sich um ihre Gesundheit, andere mehr um ihre wirtschaftliche oder berufliche Situation. Und die beneidenswerten anderen können Sorgen ausblenden oder kennen sie gar nicht.
Wobei hier nun wieder zu fragen wäre: Ist das wirklich beneidenswert, wenn man so gar keine „Sorgen“ hat?
Im Sinne von Ängsten, von Krisen, drohendem Unbill sicherlich. Da kann man sich jede Sorge gerne sparen. Doch versuchen wir doch mal, das Wort positiv aufzuladen.
Wenn man sich um jemanden sorgt, dann ja vor allem deshalb, weil man sich diesem Menschen oder einem Lebewesen oder auch einem gesamten Umfeld, in dem man lebt, nahe fühlt. Es geht um etwas Wichtiges. Man wünscht sich, dass kein Schaden entsteht, dass das Leben, das Schicksal, alles andere es gut mit diesem Menschen, dieser Welt meint. Dass nichts Böses passiert.
Dann ist Sorge ein höchst zugewandtes Gefühl und ein sehr aktives Empfinden. Empathie zum Beispiel ist ohne die Fähigkeit zur Sorge kaum denkbar.
Nun aber zur Sorg-falt. Hier kann es nicht darum gehen, dass sich ganz viele Sorgen auffächern und eine Menge an Sorgen das Befinden stören. Wenn man allerdings die benannte Empathie aufbringt, dann hat man gewisse Antennen, mit denen man sich die Welt erschließt bzw. diese beobachtet und wahrnimmt.
Und je genauer man das tut, sich darauf einlässt, das Bewusstsein schärft, ein zweites Mal hinschaut, ein drittes Mal hinhört, weitere Erkenntnisse einbezieht und dann auf all das eingeht, dann kann das mit Sorgfalt geschehen. Dann fächert sich eine positiv verstandene Sorge, eine Aufmerksamkeit auf, die mehr aufnimmt und beachtet als nur die Oberfläche. Dann ist es möglich, etwas nicht nur genau zu beschreiben, sondern auch sehr intensiv damit umzugehen.
Das Ergebnis ist in der Regel etwas, das zufrieden oder glücklich macht, das einen selber und nicht zuletzt andere weiterbringt, das Ruhe ermöglicht, anstatt sich der oberflächlichen Hektik zu ergeben, die eben keine Sorgfalt und nichts Bleibendes ermöglicht.
Sorfalt scheint ein etwas anachronistischer Begriff zu sein. Einer, der weder Effektivität, erst recht nicht Effizienz beinhaltet. Einer, der schnell mit Langeweile assoziiert wird und dessen Umsetzung zu viel Zeit verbraucht.
Vielleicht ist das gerade heute reizvoll. Man kann es ja mal sorgfältig versuchen.