Kontroverse
Soviel „gegen“ geht eigentlich gar nicht. In Kontroverse steckt nicht nur „contra“, sondern gleich auch noch ein „versum“. Hier geht es also in alle Richtungen, nur nicht aufeinander zu.
Dabei beinhaltet eine mögliche Definition doch den schönen Begriff Auseinandersetzung. Und wenn man den wiederum auseinandernimmt, dann wird es doch schon wesentlich zugewandter. Stellen wir uns Auseinandersetzung bildlich vor: Da sitzen sich - sagen wir - zwei Personen gegenüber, blicken sich an (vielleicht erzürnt, vielleicht verunsichert, vielleicht enttäuscht), äußern ihre Meinungen zum Thema, die (man erkennt es im Wort) jeweils anders gelagert sind, und nun müssen diese beiden Auseinandersetzler zu einem Ergebnis der inhaltlichen Fragen kommen, die der Auseinandersetzung zugrunde liegen.
Entscheidend ist: Die betroffenen Leute sitzen (AuseinanderSETZUNG) sich gegenüber, sie schauen sich an (AusEINANDERsetzung), sie sind im kommunikativen Austausch, nehmen sich wahr.
Abgesehen von dem jeweiligen Thema, um das es geht, fehlt es an Gegnerschaft, an völliger Ignoranz, an Blockade. Stattdessen geben sich beide Seiten die Chance, den Vorgang der Auseinandersetzung zu einem konstruktiven Weg zu gestalten, der beiden Gesichtswahrung, Einsicht, Erkenntnis, Lösungen ermöglicht.
Aus der Auseinandersetzung zu punktuellen Fragen kann ein Zusammensetzen der verschiedenen Bruchstücke werden.
Das ist bei der Kontroverse rein begrifflich deutlich schwieriger. Da ist ein faktischer Zustand benannt, der keine Dynamik, keine Aussicht beinhaltet, mit der man die Angelegenheit im Sinne der Beteilgten aus dem Weg räumen könnte - um dann wiederum eine Situation, einen Raum zu schaffen, in der alle proaktiv, motiviert und mutig etwas auf diesen Weg bringen können.
Feuern wir also die Kontroverse ins Universum - da fliegt ohnehin schon einiger Schrott herum -, begraben wir den hier auch gerne ins Feld geführten Streit und begeben wir uns stattdessen auf die Bühne ausgefeilter Auseinandersetzungen. Denn die liefern die Energie, die wir brauchen, um zu gemeinsamen Überzeugungen, trotz unterschiedlicher Meinungen nach vorne kommen zu können. Ganz ohne Gewinner und Verlierer, nur über das MitEINANDER, auf das wir uns einigen konnten. Bis wir uns wieder zusammenSETZEN, um der nächsten Herausforderung mit Offenheit und Dialogbereitschaft entgegentreten zu können.