Prognose

Nimmt man dieses aus dem Lateinischen bzw. Griechischen kommende Wort auseinander, so erhält man ein „für“ oder „voraus“ und eine „Erkenntnis“, wobei Gnosis weniger eine wissenschaftlich-rationale, sondern eher eine religiös-mysthisch ermittelte Erkenntnis meinte.

Der Begriff benennt also ein Vorher-Wissen, eine Vorhersage (z.B. über den Verlauf eines Prozesses). Dass es mit dieser Sache so eine Sache ist, wissen wir spätestens, seit es die Wettervorhersage gibt. Meist kommt es anders, als man denkt.

Insofern verhält es sich bei der Prognose oft genug so wie bei der Wahrsagerei oder - etwas weniger esoterisch - bei der Wahrscheinlichkeitsermittlung. Ein Beispiel: Eigentlich müssten - auf Basis der Daten, die dafür heute direkt nach Schließung der Wahllokale zur Verfügung stehen - die ersten Hochrechnungen nach einer politischen Wahl schon ziemlich genau abbilden können, wie denn der Ausgang des Ganzen sein wird. Wie erstaunlich (oder auch nicht), dass es dann doch noch Überraschungen gibt. Die vermeintlichen Wahlgewinner stehen plötzlich auf der Verliererseite.

Auch das Wetter liefert heutzutage derart viele Informationen, dass man kaum mehr auf Bauernregeln zurückgreifen müsste, um sicher vorhersagen zu können, dass es morgen schneit.

Doch jedes Jahr dasselbe: „Es schneit!!!“ schallt es überrascht aus den Fenstern der Autofahrer an einem Dezembermorgen.

Obwohl also Prognosen scheinbar doch mehr mit der Gnosis zu tun haben, als mit einer reellen Information über einen Ausgang, geben sich die Technik-Gläubigen doch immer wieder im Brustton der Überzeugung und mit allerhand Beweisen als die Wissenden aus, die sich ja auf Daten beziehen könnten. Und die lügen bekanntlich nicht. Menschen schon, ab und zu zumindest. Auf die ist also kein Verlass.

Menschen haben allerdings etwas, das bislang jeder Technologie - von Robotik bis KI - abgeht: Visionen. Von klein auf können sie sich etwas vorstellen, das andere noch gar nicht sehen können. Sie haben eine kreative Kraft, die die berühmten Berge zu versetzen vermag.

Nicht die angeblich präzise Prognose, das korrekte Ergebnis wird von einer Vision zur Verfügung gestellt. Doch gibt sie uns oft genug Gründe, uns zu engagieren, uns einzubringen, ein übergeordnetes großes Ziel zu verfolgen.

Rechnerisch oder von vermeintlichen Besser-Wissern erstellte Prognosen haben dagegen einen entscheidenden Nachteil: sie beziehen volatile, irrationale, kreative oder emotionale menschliche Facetten nicht ein. Denn die lassen sich nicht rechnen oder anderweitig in Daten zerlegen. Und nun?

Entspannen wir uns und setzen Ki & Co. etwas entgegen:

Egal, ob der Weltuntergang vorhergesagt wird, die paradiesische Glückseligkeit (weil ewiges Leben per synthetischer Stoffe oder sonstiger Tricks garantiert werden kann) oder eine unglaubliche science fiction Version, wie wir auf diesem noch-blauen Planeten in unserem nach wie vor undurchsichtigen Universum künstlich intelligent gesteuert werden - alle Prognosen, die wir heute skizzieren, werden einen solchen End-Zustand nicht abbilden.

Denn es wird auf jeden Fall etwas dazwischen kommen: Der Mensch, seine visionäre Kraft und seine Lust darauf, das Leben zu gestalten.

Klingt doch irgendwie erstrebenswerter als die Prognose, KI würde die Weltherrschaft übernehmen. Vielleicht trauen wir uns einfach mal wieder mehr zu und lassen unsere kreativen Fähigkeiten raus. 

Die Prognose: Das könnte zu einem ziemlich menschlichen Leben führen - ganz im Sinne des visionären Martin Luther King: „I have a dream“.

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