Politik

Wer gerät bei diesem Wort schon in Verzückung? Es hat auf der Beliebtheitsskala ungefähr einen ähnlichen Wert wie Steuererklärung, Umleitung, Verspätung oder Mandelentzündung.

Über Politik soll man nicht reden - zu streitgefährdend. Man sollte sie vor allem nicht machen - das gibt noch mehr Ärger. 

Politik schmeckt nicht, riecht nicht gut, sieht meist nicht schön aus, fühlt sich nicht gut an. Sie ist einfach kein Produkt, das sich vermarkten und verkaufen ließe. Warum ist das so? Warum hat Politik einen so schlechten Ruf und warum verdreht allein bei dem Wort schon jeder die Augen?

Nähern wir uns dem Begriff und der Sache einmal vorbehaltlos (so das denn überhaupt möglich ist).

Der Herkunft nach meint Politik „Führung des Staates“ (ursprünglich übrigens von „polis“, also Gemeinde), schöner ausgedrückt „Staatskunst“. Politik ist also dazu da, einen Staat, eine Gemeinschaft zu organisieren, sicherzustellen, dass es läuft. Für alle, die sich darin aufhalten, für alles, das dem Ganzen dient. 

Apropos dienen: Politik wird qua Idee für die Bürgerinnen und Bürger des Staates gemacht. Nur mal so zur Erinnerung.

Nun hat sich seit den guten alten Griechen so Einiges getan. Und wie in so vielen Fällen: Kaum kümmern sich irgendwelche Leute professionell darum, wird die Angelegenheit verwissenschaftlicht, durchorganisiert, in ein System gegossen. Alles wird darauf angelegt, zu funktionieren. Und hier liegt der Hase im Pfeffer.

In dem Moment, wo die Funktionskeule kommt, entfernt sich die Idee vom Leben. Dann werden Dinge nicht mehr in Zusammenhängen gedacht und in all ihrer Komplexität verstanden, stattdessen dröselt man die verschiedenen Aspekte des Konstrukts auseinander und schafft für jeden eine eigene Systematik, in der dann die Aufgaben professionell kleinräumig abgearbeitet werden.

Blöd nur, dass damit das Ganze in seine Teile auseinanderfällt. Und damit auch die Politik; in der Folge droht der Staat gleich mit zu kippen.

Wenn es nämlich plötzlich nicht mehr um Politik als Staatskunst, sondern um spezielle Formen für Verkehr, Umwelt, Verteidigung, Bildung, Arbeit, Energie, Wirtschaft usw. usf. geht, dann verliert man schnell den Überblick.

Parallel dazu ist die Tendenz zu beobachten, dass diese politischen Teilbereiche zunehmend einer kapitalistischen Konsumlogik unterworfen werden: Wer bekommt im Wettbewerb das meiste Geld, wer darf die meisten Wohltaten verteilen, die schönsten Versprechungen machen, fordert die kleinsten Einschränkungen und hat damit bei Bürgerinnen und Bürgern das beste Image.

Das hat dann nicht mehr viel mit Kunst, sondern weitaus mehr mit einem Marktverhalten zu tun, das nicht das Wohl der Menschen im Blick hat, sondern das ständige Füttern einer Maschinerie, die sich schon längst totgelaufen hat.

Das ist schade, denn Politik hat diesen schlechten Ruf nicht verdient, sie kann per se für all das nichts. Wird sie nämlich mit Verstand, Herz und Klugheit so ausgeführt, wie sie einmal gedacht war, könnte sie uns gute Dienste leisten.

Die Sache scheint kompliziert, aber wer es schafft, komplexe Sachverhalte zu überblicken, die großen Linien aufzuzeigen, die das Labyrinth überschaubar machen und all das auch noch verständlich zu vermitteln, der oder die macht Politik für Menschen.

Und die haben dann auch Lust, sich zu beteiligen, mitzudenken, mitzumachen. Weil sie erkennen können, dass es um jede und jeden Einzelnen in einer Gemeinschaft geht. Die sind dann sogar willens und in der Lage, auch Anstrengungen zu unternehmen, um für die großen Fragen des Staates Lösungen zu finden.

Politik bekäme dann wieder die Idee zurück, die sie einmal hatte: Menschen in einer Gemeinde miteinander in Beziehung zu bringen und ein lebenswertes Leben für alle zu gestalten. Wer möchte da nicht Politik machen?

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