Parodie
Zuweilen mag man den Eindruck gewinnen, die ganze Welt sei eine Parodie. Man weiß nur noch nicht, ob man gerade eine gute oder schlechte dieser Sorte erlebt.
Kaum mehr etwas ist ein Original, ein künstlerisch, kreativ wertvolles schon mal gar nicht. Stattdessen wird eine Nachahmung geliefert, etwas, das so ähnlich sein soll, wie ein Original oder zumindest so, wie man sich ein Original vorstellt.
Ein Theaterstück, eine Musikaufführung, eine politische Maßnahme, eine Rede, ein Stil - nahezu nichts ist vor der parodistischen Veränderung oder Verzerrung sicher.
Solange dies der künstlerischen, satirischen oder kabarettistischen Auslegung dient, kann ein solches Vorgehen erheitern, stutzig machen, aufrütteln, also etwas bewegen.
Im Mindesten die Mundwinkel.
Wird aber nahezu alles zur Parodie uminterpretiert, wird Parodie zum Stilmittel der Verwirrung, der Orientierungslosigkeit, der Vertuschung, Verdrehung und letztlich der Manipulation, dann ist ganz schnell Schluß mit lustig. Dann wird es gefährlich.
Bei schnell auf den Markt gebrachten, medial aufbereiteten und hier immer auch gedeuteten Darstellungen in Text- wie Bildform ist es nur noch selten und nur mit einem gewissen Mindestaufwand möglich, wahr von falsch, ernst von lustig oder bedeutsam von wischiwaschi zu unterscheiden. Wenn das - in Zeiten von sich selbstgenerierender „künstlicher Intelligenz“, algorithmisch erzeugten Fake News und manipulierter Social Media Posts - überhaupt noch gelingen kann.
Das ist eine bedauernswerte Entwicklung.
Zum einen hat es die Wahrheit schwer. Das Wirkliche, das, was wir als Menschen noch begreifen können, was dem eigenen Leben mit seinen mentalen wie auch physischen Beschränkungen entspricht, wird immer weiter abgelöst von etwas, das sich nicht mehr nach uns anfühlt. Etwas, das außerhalb des Ichs liegt und mit dem wir selber immer weniger zu tun haben.
Zum anderen hat es aber auch die eigentliche, die Kunstform Parodie schwer. Sie erkennt sich selbst kaum wieder. Ist da etwas lustig, weil es so hintergründig persifliert wurde? Zeigt eine Parodie ein besonderes Maß an Witz, an Auslegung, die zur Reflektion anregt?
Oder ist alles doch nur noch so platt, wie das Meiste, das uns zum Konsum angeboten wird?
Wenn wir an den Punkt geraten, an dem wir eigentlich nur noch die Parodie parodieren, dann kommen wir vielleicht auch wieder auf den Trichter, das Original zu schätzen. Oder noch besser: etwas Neues zu erfinden, das uns den Weg aus dem oft nur noch als zynisch zu bezeichnenden und schlecht Nachgemachtem weist.
Besser mutig erfinden als billig parodieren. Dann haben wir auch wieder was zu lachen.