Normalität

Normal ist, wenn es passt. Wenn es einer - wie auch immer definierten Mehrheit - ins Konzept, ins Raster, ins Regelwerk passt. Wenn alle schön angepasst sind, sich einfügen, nicht ausbrechen, kein unnormales also unakzeptables Verhalten zeigen. 

Wenn man sich in der „entwickelten“ Welt so umhört, dann könnte man meinen, es sei klar, was Normalität ausmacht. Ist ja auch ganz einfach: Halten wir uns an die Unmengen an Normen, die uns wahlweise den Rahmen, die Leitplanken, die Struturen geben, deren Grenzen klar gezogen sind.

Alles, was außerhalb dieser Definitionen stattfindet, ist - klar - unnormal.

Blöd nur, dass die herrschende Normalität an ihre eigenen Grenzen gestoßen ist. Anstatt uns ein hilfreiches Gefüge zu sein, in dem wir uns demokratisch und im guten Miteinander entfalten können, engt es zunehmend ein. Nicht also werden wir blockiert, weil ein paar Revolutionäre oder Unruhegeister meinen, uns mit Ausbrüchen ständig herausfordern zu müssen - mit Klebeaktionen, mit Protesten diverser Art und Form, mit juristischen Stichen, mit Blockaden, ja selbst mit Angriffen.

Das Problem ist nämlich weniger die Wunschvorstellung einer „Normalität“, sondern die Tatsache, dass die Welt heute eine andere ist, als in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten. Die festzementierte „Normalität“ eignet sich nicht mehr. Erst recht wollen sich immer weniger solchen “normalen” Vorgaben anpassen, gar in sie hineinquetschen lassen..

Menschen brauchen ein Verständnis von Normalität, so wie sie Gewohnheiten brauchen, um sich in ihrer kleinen wie großen Welt zurechtfinden zu können. Diesen „Orientierungsservice“ kann eine vereinbarte Normalität durchaus leisten. Und genau hier liegt die Crux: Auf welche Normalität wollen wir uns einigen? Wieviel freie Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten wiederum sind gleichzeitig möglich?

Soll es die “Normalität” sein, die in der Vergangenheit liegt, in der ja bekanntlich alles besser war? Eine, die heute bestimmte Gruppierungen als diese etablieren bzw. konservieren wollen? Oder eine zukünftige, in der es normal wird, sich im Kopf beweglich zu halten und in verschiedenen Situationen immer wieder neu zu entscheiden, womit wir uns gemeinschaftlich und weltgerecht wohlfühlen können. Immer mit dem Blick auf eben genau das: das Wohl von Menschen heute und in der weiteren Zukunft.

Das kann damit beginnen, dass man sich selber mal fragt, was man denn so für normal hält. Und ob man denkt, das solle für alle anderen auch normal sein. Oder ob die eigenen Normalität vielleicht gar keine Allgemeingültigkeit haben kann, haben sollte.

Normal muss z.B. nicht das Auto sein, der Anspruch auf Sonderkonditionen, die jährliche Flugreise, der Lieferdienst, vielleicht noch nicht mal gefiltertes Frischwasser aus dem Wasserhahn 24/7.

Normal wäre es stattdessen vielleicht, nachbarschaftliche Hilfe zu leisten, miteinander um Lösungen zu ringen, anstatt die Probleme an „die“ Politik zu delegieren, zu teilen, statt das Haben und Gewinnen zum Maß aller Dinge zu machen.

Es gäbe viele Möglichkeiten, die uns helfen würden, wenn wir die Angst vor dem „Unnormalen“ verlieren und uns aufmachen könnten, neugierig der Zukunft entgegenzugehen , in der wir gemeinsam aushandeln können, was uns lebens- und liebenswert erscheint.

Na dann mal munter los ins normale Ungewisse!

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