Kunst

„Ist nicht so meins“ hört man oft, wenn Menschen mit Kunst konfrontiert werden

„Künstlich“ ist ok - in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, Zusatzstoffen und natürlich - der letzte Schrei - von Intelligenz. Künstliche Intelligenz, chic abgekürzt mit KI oder auch AI, muss man gut finden, sonst gilt man als ewiggestrig und hinter dem Mond (wobei hinter dem Mond oder gleich bis zum Mars auch schon wieder hipp ist).

Zurück zur Kunst. Auch ohne Künstlichkeit hat die es schwer. Sie ist ja nicht das reale Leben, oft genug noch nicht mal realistisch und insofern weit entfernt von dem, was einen so täglich umtreibt bzw. beschäftigt. Damit hat man schon genug zu tun. Kunst ist maximal was für die knapp bemessene Freizeit und auch nur dann, wenn sonst gar nichts geht und das Wetter schlecht ist.

Es gibt zwar Trends und museale oder andere neue Formate, mit denen man versucht, „kunstferne Zielgruppen“ (gemeint sind die heute angeblich an Tiktok & Co. verloren gegangenen vor allem jungen Menschen) für Kunst zu interessieren. Doch das sind meist eher Strohfeuer, Momentaufnahmen. Kunst bleibt eine Orchideen-Welt.

Das ist nicht nur schade. Das ist höchst gefährlich. Kunst - darstellend, bildend, musikalisch, visuell, tänzerisch, bunt, schwarz-weiß und in sonstigen vielfältigsten Versionen - rechnen wir der Kultur zu. Und die ist originär menschlich und damit lebenswichtig.

Kultur wird zwar gerne im Munde geführt - als Unternehmenskultur, als aus dem politischen Betrieb eingeforderte Leitkultur oder auch als Teamkultur. Im Sinne eines historischen, gegenwärtigen, vielfältigen, von Kultur-Schaffenden erdachten, gestalteten und vermittelten wesentlichen Menschheitsbeitrag allerdings führt sie im allgemeinen Diskurs ein Schattendasein. 

Dort wird sie höchstens mal zu bestimmten Fest-Anlässen, zu besonderen Ereignissen oder in staatstragenden Reden hervorgeholt, oft genug, um dem Event etwas Hochkulturelles oder Dekoratives zu geben, in einem Umfeld, in dem man sich als Kultur-Mensch ausweisen muss.

Dort und auch sonst findet Kunst also überwiegend in elitären und klassisch kulturaffin aufgefassten Kreisen statt. Sie fristen ihr besonderes Dasein in Gallerien, in Festspielhäusern mit Ehrengästen, bei Auktionen, bei champagnersüffigen Premieren und mit einem Programm, das sich dem Zugang einer breiteren Bevölkerung meist entzieht. Man muss sich schon mit den eng definierten Codes, den Inhalten, den Kodexen schon auskennen, um nicht als Fremdkörper zu wirken oder sich als solcher zu fühlen. Und das kann in einer weltweit divers zusammengesetzten Gesellschaft schnell passieren.

Das muss sich ändern. Kunst muss in den verschiedensten Ausdrucksformen in die Gesellschaft. Dazu gibt es natürlich bereits etliche Versuche, doch die Barrieren bleiben bislang verbreitet zu hoch.

Kunst gehört an die Orte - und zwar als immanenter Teil dieser Orte - an denen Menschen sind, an denen sie sich aufhalten. Nicht zuletzt in Unternehmen, in denen gearbeitet, geredet, gelernt, entwickelt, produziert und viel Zeit verbracht wird.

In denen Menschen unterschiedlichster Persönlichkeit, Art, Herkunft, Qualifikation und anderer Kriterien zusammenkommen und nicht nur ihre Arbeit tun, sondern denken, sprechen und fragen.

Das macht Kultur aus. Eben nicht Künstlichkeit, sondern ein Umfeld, in dem Menschen sein und wirksam sein können. In dem sie sich austauschen, Unsicherheiten verhandeln, sich inspirieren und ermutigen können. Etwas, das sich in jeder Art der Kunst ausdrückt.

Also rein mit der Kunst in die Unternehmen. Lassen wir sie, lassen wir Künstlerinnen und Künstler sprechen, lassen wir den Menschen an ihren Arbeitsplätzen Raum für neue Ideen, für neues Verständnis, eine offene Art des Miteinanders, für eine Kunst- und Persönlichkeitsintelligenz, die allen zugute kommt und vielleicht auch auf die vielen Fragen der Welt mögliche Antworten findet.

Auf die man ohne den Kunst-Impuls nicht gekommen wäre. Was für eine Chance.

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