Steuer
An was denkt man bei diesem Wort wohl zuerst? Kommt drauf an.
Sitzt man in einem Boot, hofft man, dass das Steuer in Ordnung und gut geölt ist, damit man über das Wasser sicher an sein angestrebtes Ziel kommt.
Sitzt man am Schreibtisch mit Formularen vor der Brust, hat man ganz andere Probleme. Im mindesten die mit dem Papierkram.
Das erste Steuer - die Lenkvorrichtung - hat es bis in die Unternehmen geschafft. Da werden Konzerne wahlweise gelenkt oder gesteuert. Wer an diesem Steuer sitzt, hat es - so die landläufige Meinung - geschafft. Dort hat man die Macht, das Unternehmen und nicht zuletzt all die Menschen, die dort arbeiten, über die Wogen des Marktes in einen sicheren Hafen zu bringen. Und zwischendurch Piraten, klimatischen Widrigkeiten, Meutereien und sonstigen Gegenwinden zu trotzen.
Die Steuermänner dieser Welt - selten hat man es mit Frauen zu tun - nehmen es (so die Legende) mit allen Herausforderungen auf.
Aktuell stellt man allerdings fest, dass diese Vorstellung tatsächlich einer Märchenwelt zuzuschreiben ist. Hartnäckig kolportiert wird der Mythos aus Erzählungen heroischer Typen, die mit klarem Blick, wildem Entschluss und großer Tatkraft ein majestätisches Schiff an ein paradiesisches Ufer steuern. Bis dahin muss halt geackert werden – also, das gilt für die, die irgendwo da unten im Boot sind -, muss man Abenteuer und verschiedene Unwetter überstehen. Aber am Steuer hat man alles im Blick, die Übersicht und den Plan. Darauf kann man sich ja wohl verlassen. Bis man verlassen ist …
Apropos verlassen.
Die andere Steuer ist - wie es so schön heißt - die „gesetzlich festgelegte, obligatorische Abgabe, die an den Staat abzuführen ist“. Da gibt‘s keinen Interpretationsspielraum, das ist verpflichtend. Darauf kann man sich verlassen. Noch sicherer als das Amen in der Kirche.
Was nun hat es mit dieser Steuer im Gegensatz zu „dem Steuer“ also auf sich
Der Staat, also die Gemeinschaft aller Bürger:innen, fordert bzw. sammelt von allen das Geld ein, das nach bestimmten Sätzen und Regelungen laut irgendwelcher Verordnungen bestimmt ist. Von den einen mehr, den anderen weniger, aus Sicht der meisten zu viel.
Und warum? Damit der Staat steuern kann. Das ist sozusagen die Abgabe, die dazu dient, das Schiff immer wieder auf einen aktuellen Stand zu bringen, die Besatzung mit Verpflegung und allem, was es zum Leben an Bord braucht, auszustatten, Hafengebühren und ähnliches zu begleichen.
Also letztlich, um das (Staats-)Schiff auf Kurs halten zu können.
Nun stellt sich natürlich die Frage: Wer entscheidet über den Kurs des Schiffes? Und wer bestimmt, was es braucht, um dieses Schiff auszustatten? Was ist erforderlich, was das Nötigste, was braucht es akut und was in Zukunft?
Und im Weiteren: Gibt es nur dieses eine Schiff? Hat man mehrere auf dem Wasser? Sollen die alle an dasselbe Ziel? Schippern die vereint oder vereinzelt? Und nicht zuletzt: Wer sitzt eigentlich im Boot?
Man könnte eine Fragenkaskade anfügen. Doch schon hier sieht man: Es gibt kaum die eine Antwort.
Und um wieder das Steuer und die Steuer zusammenzubringen: Während erstes gutes Handwerkszeug sein sollte, das mit Klugheit und Kompetenz, mit Weitblick und mit Mut eingesetzt und gehandhabt wird, ist das andere ein Instrument, das immer wieder hinterfragt werden kann. Als Verwaltungsmethode hat es nur bedingt mit Kompetenz und Mut zu tun; der Weitblick fehlt in diesem Zusammenhang auch nur allzuoft.
Insofern sollte man sich wieder mehr um die aktive Handhabung des Steuers kümmern, darum, wer das oder die Ruder in der Hand hält, über welche Fähigkeiten diese Menschen verfügen und ob man sich dem Ziel oder den Zielen anschließen kann und sollte.
Und das Verwaltungsinstrument sollte man schlicht und ergreifend danach bewerten, ob es dazu dient, dieses Ziel, diese Ziele erreichen zu können.
Also: Weg vom Schreibtisch, raus in die Welt und das Steuer übernehmen. Mit Perspektiven vor Augen, die allen nützen.
Dann kann man auch wieder zuversichtlich ausrufen: Land in Sicht!