Konvention

„Konveniert es?“ ist eine extrem geschwollene Frage nach dem Befinden. Ob es passt, ob es genehm ist, will man wissen.

Was die Konvention im verbreiteten Verständnis anbelangt, so geht es darum, eine Übereinkunft zu erreichen. Man kommt also zusammen - so steckt es im lateinischen Ursprung des Wortes -, um zu einer Vereinbarung zu kommen. Die kann man in einem Vertrag festhalten, der die verpflichtende Konvention bindend macht.

So weit, so staatstragend.

Das Ganze ist in einer Welt, in der es zu immer mehr fraglichen Themen Dissenz gibt und in der also die Suche nach Konsens oft einem höchst unübersichtlichen Ringen gleichkommt, zweifelsohne eine enorm wichtige, man könnte fast sagen arterhaltende Angelegenheit.

Gleichzeitig kann das Streben nach Konvention bzw. das Einhalten von Regeln auch das Gegenteil von Stabilisierung bedeuten. Wenn man zu allem und jedem eine Übereinstimmung erzielen, jede und jeden gar in eine Korsett zwingen will und Konventionalstrafen ausruft gegenüber denen, die sich wehren, dann muss man über den Sinn von Konvention im Einzelfall vielleicht mal nachdenken.

Bei Themen, bei denen es um lebenswichtige Zukunftsfragen geht, die alle betreffen, die sich diesen Planeten teilen, da braucht es Vereinbarungen, die eindeutig gelten, die durchgesetzt werden müssen und die Konsequenz erfordern.

Geht es jedoch um Konventionen, die von einzelnen gesellschaftlichen Gruppierungen postuliert werden, die vor allem dazu dienen sollen, Menschen und ihre Lebensweisen schön ordentlich zu sortieren und in die Schranken zu verweisen, dann kann man sich nur möglichst viel unkonventionelles Aufrütteln wünschen.

Menschen, die diesen Mut, diese Kreativität, diese Überzeugung haben, wie sie z.B. Vivienne Westwood so andauernd spektakulär und dabei immer menschlich, stilistisch eigen, charakterstark gelebt hat, die sollten genau für ihre unkonventionelle Art gefeiert werden. 

Denn das Gegenteil von Konvention hilft dann dazu, das Leben so zu gestalten, dass es diesem Leben auch gerecht wird. Für die jeweils persönliche Art, für eine umfassend geltende Freiheit, eine lebenswerte Entwicklungsfähigkeit, die nur noch eine einzige Konvention zulässt: Andere in ihrer anderen Art nicht zu behindern und sie niemals aus dem freien Leben und der Zukunft auszuschließen. 

Wir brauchen unbeding die „konventionelle Selbstverständlichkeit“, allen ihren Raum zu geben, den sie für sich und gemeinsam gestalten können. Eine solche Übereinkunft, die Souveränität, visionäre Weitsicht, zuversichtliche Kreativität und ein Quäntchen Irrsinn beinhaltet, die ist erforderlich, damit wir in einer undefinierbar vielseitigen Welt ganz unkonventionell Großes zustande bekommen.

Zurück
Zurück

Beschäftigung

Weiter
Weiter

Versuch