Illusion

Zuweilen ist man geneigt, sich der Illusion hinzugeben, es sei doch alles nur ein Spiel - ganz leicht, heiter und ohne Druck. Am Ende geht alles gut aus.

Immerhin hat das Wort Illusion seine Wurzeln im Begriff Spiel, bei dem auch mal getäuscht werden darf. Doch mittlerweile hat man den Eindruck, Täuschung sei nicht nur eine spielerische Taktik, sondern der Zweck des alltäglichen Spiels. Und damit wird die Sache wiederum ernst.

Im Sinne der Motivation von Vorstellungskraft, der Entwicklung neuer Ideen, dem Ausloten anderer Möglichkeiten ist das Illusionieren eine hilfreiche Sache. Sich von der Realitiät, dem Alltag einmal zu entfernen und sich hinzuträumen in eine andere Welt, kann helfen, eine bessere Stimmung zu erzeugen und etwas zum Besseren zu wenden.

Einfach, weil man es denken kann.

Das ist nahe dran an der Fantasie. Doch auch die droht uns, verloren zu gehen. Immer mehr kann man in eine Cloud, an eine KI, an ein System abgeben und sich damit selbst aus dem Spiel nehmen. Die Folge: Die Vorstellungskraft schwindet. Wir geben uns der Illusion hin, dass Technik, dass Methoden und Modelle all das richten könnten, was uns überfordert.

Damit würden wir uns - so die Hoffnung - nicht nur Arbeit ersparen, sondern auch Zeit, die wir dann für das Gute, Schöne und Erbauliche einsetzen können.

Doch was passiert tatsächlich? Haben wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Freizeit, Lebenszeit, Gestaltungszeit gewonnen? Oder haben wir uns nicht nur immer weiter hineinmanövriert in die Abhängigkeiten von Systemen, denen wir uns nicht mehr erwehren können?

Es wird nicht leichter, wenn Dutzende von Apps im Push-Modus Aufmerksamkeit fordern und vorgeben, was zu tun ist, an was gedacht, wie funktioniert werden muss. Es wird im besten Fall nerviger, im schlimmsten Fall verblöden wir durch diese Kakophonie an blinkenden und piependen Pseudo-Helferlein.

Dabei verlieren wir nicht nur die Zeit, sondern vor allem die Fähigkeit, uns kreativ und emotional intelligent in eine Welt hinein zu imaginieren, zu illusionieren, die uns Menschen entspricht. Nicht als funktionierende Organismen, sondern als empfindsame Wesen, die hochkomplex miteinander und füreinander etwas bauen, wandeln, erneuern und verschönern können.

Überlassen wir das Denken, das Erzeugen von Ideen und das Ausmalen von Illusionen nicht anderen Mächten. Übernehmen wir mal wieder selber, schalten den Kopf ein, das Herz dazu und ein bisschen Seele und imaginieren wir uns die schönste aller Welten. Vielleicht weckt das genügend Wumms, um aus dieser Illusion etwas Reales machen zu wollen - und zu können.

Kann man ja mal so vor sich hinträumen.

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