Routine

Der Begriff lässt es leicht erkennen - ihm zugrunde liegt die Route, also der Weg, den man einschlägt, um zum Ziel zu kommen. Aber warum ist daraus ein Wort geworden, das man mit dem ewig Gleichen, einem Sich-nicht-Ändernden in Verbindung bringt? Offenbar hatte man dabei die im Blick, die aus ihrem Weg nicht ein Abenteuer, eine Forschungsreise, eine Entdeckerfreude gemacht haben.

Stattdessen wurde hier offenbar einmal ein Weg freigeräumt, Störendes entfernt, der Boden und alles drumherum begradigt. So kann man ohne Hindernisse im dauerhaft gleichen Trott ohne weiteres Nachdenken auf dieser Strecke vorankommen. Klar ist dabei allerdings auch: Das Ziel bleibt ebenso konstant. Keine Überraschungen. Weder auf dem Weg, noch am Ziel. Wie auch?

Genauso sehen Routinen aus, die nicht nur dort zu finden sind, wo sie Sinn machen: Alltagsaufgaben wie Zähneputzen, Mülleimer rausstellen oder Schirm rausholen, wenn‘s draußen nass ist. Erledigungen zu handhaben, die einfach regelmäßig anstehen, die muss man sicherlich nicht ständig neu organisieren. Da helfen Routinen. Doch mittlerweile zieht sich das Phänomen durch alle Lebensbereiche, selbst die, die routinefrei sein sollten.

Es naht Weihnachten - routiniert wird die hektische Einkaufsschlacht begonnen. Hauptsache die passende Anzahl Geschenke. Inhalt? Egal. Es steht ein Geburtstag im Jobumfeld an - Sammelbüchse und Glückwunschkarte gehen rum. Die Schulferien (egal welche) stehen an - nix wie weg. Es ist Wahl - Köpfe werden auf Pappe gedruckt, Spruch daneben und dann raus mit den Plakaten auf die Stellflächen der Republik.

So hat man es immer schon gemacht, so machen es auch die anderen, das ist der Lauf der Dinge.

Und genau hier wird es langsam aber sicher gruselig. Wir ersaufen in Routinen während sich drumherum alles ändert. Festhalten an der letzten Planke, die man kennt, sonst weiß man ja gar nicht mehr, wo man ankommen soll. 

Dabei wäre es wirklich an der Zeit, das Ziel neu zu justieren (Spoileralarm: Das kann kaum mehr Bequemlichkeit, mehr Konsum, mehr Gleich-Gültigkeit sein) und entsprechend auch den Weg dahin. Und damit es noch komplizierter wird: Vielleicht müssen auch verschiedene Ziele ermittelt werden, dafür unterschiedliche, möglicherweise auch verschlungene Wege, die nicht den schnellen Trip versprechen, die wahrscheinlich sogar mühsam sind, die aber schon während der Bewegung darauf zu neuen Erkenntnissen für die Zielposition führen.

Nein. Auch Technik oder „Technologie(bes)offenheit“ wird uns diese Aufgabe nicht abnehmen oder neue vereinfachende Routinen bereitstellen können. Es gibt kein schlichtes Update für das, was ansteht. Wir müssen schon selber denken und Entscheidungen treffen.

Denn die wichtigsten Themen, die anstehen, haben mit Menschen, gar mit der Menschheit und damit zu tun, wie wir als soziale, als biologische, als emotionale Menschen auf diesem Planeten (da ist er wieder) leben wollen. Da müssen wir schon abenteuerlustig, neugierig, hoffnungsfroh und mit Zielen ran, die etwas größer sind als der nächste Urlaub. Bei dem kann schließlich auch mal was schief gehen.

Stellen wir uns doch vor, dass ein Leben mit weniger Routinen und mehr Kreativität ein erfüllenderes wäre und dass wir zudem eine Menge erreichen können, was tatsächlich und nicht nur kurzfristig erstrebenswert ist.

Zwischendurch allerdings das Zähneputzen nicht vergessen.

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