Herkunft

Wenn man wissen will, woher man oder woher etwas kommt, dann geht es um Herkunft. Wo wurde ein Mensch geboren, wo ein Produkt erfunden oder gemacht, das ist die Frage. Doch warum ist es so wichtig, diese Information zu haben? Was also hat es mit der Herkunft auf sich, dass die Frage danach - und noch mehr die Antwort auf diese Frage - eine derart große Rolle spielt?

Nehmen wir das sogenannte deutsche Qualitätsprodukt. Natürlich „made in Germany“. Um es mit einem alten Werbespruch zu sagen: „Da weiß man, was man hat“.

Das gilt dann vom Automobil über das Bier bis hin zum Wiesel, einem deutschen Panzermodell. 

Das Design-Highlight der Mobil-Tech-Welt wiederum kommt aus den USA, nein, besser noch, aus California. Wobei, so ganz stimmt auch das nicht. Dort wird es, wie man auf den Packungen lesen kann, designed. Zusammengebaut - neudeutsch manufactured - wird es in der Volksrepublik China.

Welche Herkunft kann man den Geräten also attestieren? Und weisen diese Beispiele grundsätzlich darauf hin, dass es eine gute oder eine schlechte Herkunft gäbe?

Wie nun halten wir es unter uns Menschen? Welche Rolle spielt Herkunft hier? Wenn man davon ausgeht, dass die Auseinandersetzung um ein Thema - hier also Herkunft - auf die Relevanz dessen verweist, dann ist Herkunft etwas sehr Bedeutsames. In Hamburg z.B. ist man ein Quiddje, wenn man nicht in der Stadt geboren wurde und auf keine lange hanseatische Familientradition verweisen kann.

Das mag man - das Wort hat ja durchaus etwas Niedliches - humorig nehmen. Gleichwohl ist es angelegt, deutlich zu machen: Nicht von hier.

Schwieriger wird es, wenn man äußerlich als „nicht-von-hier“ assoziert wird. Andere Sprache oder anderer Sprachdialekt, andere Haut- und Haarfarbe, andere Kleidungsstile, andere Rituale usw. führen bei Vielen erst mal zu der inneren oder auch geäußerten Frage: „Woher?“

Gehen wir zum Anfangspunkt zurück: Warum ist das so? Warum tun wir das? Warum wollen wir wissen, woher jemand kommt bzw. ob jemand nicht von hier ist? Was also hat Herkunft mit dem Wesen, mit der Persönlichkeit, mit den Fähigkeiten, den Eigenschaften und anderen Charakteristika von Menschen zu tun?

Offenbar haben wir ein Gehirn, das gerne sortiert. Das alles und alle schön in Schubladen einräumt. Das gerne Ordnung hat. Und dazu brauchen wir scheinbar u.a. die Herkunft. Denn nach welchen Kategorien sonst sollten wir unser Schubladensystem ordentlich halten?

Blöd nur, dass uns dies ganz schön einschränkt, einengt, dass Offenheit, Wandel, Möglichkeiten für eine Welt im ständigen Umbruch so kaum entstehen können.

Stellen wir uns doch einmal vor, wir würden uns frei machen von Herkunft und einer Eingrenzung durch diese Kategorisierung. 

Stattdessen könnten wir uns über Zugänglichkeit beschreiben, über Neues-Lernen-Können, über die Neugierde, etwas voneinander zu erfahren, über eine Haltung, die nicht abwehrt, sondern gegenseitiges Ausprobieren ermöglicht.

Klingt ziemlich chaotisch. Wo soll das hinführen? Haben wir dafür Schubladen?

Eben nicht. Und das macht die Sache ziemlich kreativ, ziemlich bunt und ziemlich menschlich. 

Es ist nicht wichtig, woher wir kommen, sondern wohin wir gemeinsam gehen. 

Und damit haben wir die entscheidende Voraussetzung für ein friedliches soziales Miteinander und nicht zuletzt auch für eine demokratische Gesellschaft, in der alle Zuhause sind.

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