Beziehung

Vermutlich assoziiert dieses Wort spontan die private Beziehung. Doch schon die ist nicht mehr - und war vermutlich nie - die klassische Frau-Mann-Paarung, die zur Familiengründung diente und im Staatsgefüge eine stabilisierende Rolle hatte. Und nach wie vor hartnäckig hat.

Beziehung ist heute so vielfältig wie es menschliche Vorstellungen und Empfindungen gibt. 

Nun kommen außerdem verschiedene andere Arten von Beziehung hinzu: zu Freundinnen und Freunden, zu Kolleginnen und Kollegen, zu Vorgesetzten, zu den Mitgliedern eines Teams - aus dem Sport, einem Club, aus Vereinen - zu Parteigenossinnen und -gefolge, zu Social Media-Kontakten, Kindern, Erwachsenen, Menschen aus und mit diversen Kulturen und noch manch anderen Einzelnen und Gruppierungen mehr.

Beziehung ist das Geflecht, in dem Menschen Orientierung finden, in dem sie ihre Zugehörigkeit definieren und über das sie wirksam werden. Das stellt man sich in der Regel frei gewählt, harmonisch und entwicklungsfähig vor.

Dabei ist eine Beziehung nicht immer erfüllend, glücklich, ergiebig und gut. Denn das Wesen einer Beziehung ist immer menschengemacht. Und Menschen sind all das eben auch nicht per se. Sie verändern sich, waren vielleicht nie diejenigen, die sie zu sein schienen oder die man hinter einer Fassade vermutete, entwickeln sich weiter, finden neue Bezugspersonen, die ihnen passender erscheinen usw. 

Das führt zwangsläufig zu ständig neuen Geflechten, die nebeneinander, in sich verwoben, an unterschiedlichen Orten entstehen. Und damit wird das Ganze insgesamt wiederum recht unübersichtlich.

Beziehung spiegelt eben auch immer das wider, was eine Gesellschaft ausmacht: nicht das starre Konstrukt, das ein für allemal Gültige ist die Grundlage, sondern die Fähigkeit, sich in einer Welt, die sich immer schon verändert hat, auf Neues einzulassen, Neues zu wagen und damit auch neue (Ver-)Bindungen zu knüpfen. Ob auf Zeit, auf längere Dauer oder sogar lebenslang - wer weiß das schon?

Solange Beziehung sich nicht darin erschöpft, dass Menschen fest verzurrt sind anstatt miteinander Entwicklungen voranzutreiben und das Umfeld zu gestalten, solange auch kein Druck entsteht, der einengt und Energie raubt, solange also Beziehungen mehr ermöglichen als es für einem Menschen alleine zu schaffen ist, solange ist Beziehung die Freiheit, sich der Welt zu öffnen.

Auch, wenn nicht nur die Beziehung zwischen mindestens zwei Menschen zählt, sondern auch Einzelne zu sich selbst Bezug haben, so bereichern Beziehungsgeflechte aus unterschiedlichen Anderen das Leben doch ungemein und stärken den Mut einzelner und aller, zuversichtlich nach vorne zu schauen.

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