Geltung
Früher, als solche erzieherischen Hinweise noch allgegenwärtig waren und für Ordnung sorgten, gab es auch diesen Spruch, den sich meist Mädchen anhören mussten: „Willst Du was gelten, mach‘ Dich selten.“
Übertragen war damit gemeint, das Kind solle sich nicht vordrängen, anderen nicht die Show stehlen, schön bescheiden bleiben. Am besten ganz unauffällig sein.
Erst, wenn man – in einem höheren Alter – etwas vorweisen konnte, eine reife Leistung, Auszeichnungen oder eine gewichtige Position, erst dann hatte man sich die Aufmerksamkeit verdient. Meist die Männer, die auch bestimmten, was eine Leistung ist, was Bedeutung hat und wofür eine Auszeichnung vergeben wird.
Geltung erfordert dann einen gewissen Geltungsdrang, um ganz vorne mitzuspielen. Das handelt man in Netzwerken aus, in Wettbewerben oder durch Methoden, bei denen auch härtere Bandagen angelegt werden müssen.
Wenn man nun jedoch mal eine andere Version betrachtet, die mit dem Wort in Verbindung steht, dann kommt man auf Gültigkeit. Und das bedeutet, dass etwas verbindlich gilt, dass man sich auf etwas geeinigt hat und weniger, dass da etwas massiv durchgeboxt worden wäre.
Gültigkeit beinhaltet etwas, das verhandelbar ist. Es können sich Viele daran beteiligen, etwas gültig zu machen. Im besten Fall kommt dabei eine Vereinbarung heraus, die das regelt, das für eine Mehrheit gilt. Nicht nur für einen kleinen, exklusiven Kreis, sondern nachhaltig für eine Gesellschaft.
Das bedeutet, dass der oder auch die Eine sich weniger persönliche Geltung verschaffen kann, dass aber im Ergebnis mehr Gültigkeit für Viele dabei herauskommt.
Manchen fehlt da etwas. Die Bühne, der große Auftritt, das laute Tam-Tam. Die suchen sich dann Kanäle, über die sie agieren können, als gäbe es keine Anderen und kein Morgen.
Doch auch da wird immer deutlicher: das verschafft keine Geltung, sondern läuft ins Leere.
Zumindest bleibt das zu hoffen.
Vielleicht kann man dem Spruch vom Anfang dann doch etwas neu Gültiges abgewinnen: Wirksamkeit muss nicht laut sein. Geltung entsteht dann, wenn man dazu beiträgt, etwas Wichtigem Gültigkeit zu verleihen. Auch, wenn es im Verborgenen und still passiert.