Fehler
Wie oft zweifelt man, ob das, was man tut, das Richtige ist? Wer möchte schon gerne einen Fehler machen?
Vielleicht sollte man diese Fragen einfach mal umdrehen.
Wie oft tut man das Richtige, ohne es zu bemerken? Und wie schön ist es, wenn man Zweifel beiseite schieben und etwas Gutes voranbringen konnte?!
Vermutlich ist es nämlich so: Wer nichts unternimmt, wer sich stets absichern, nur ja nichts falsch machen möchte, um am Ende garantiert die einzig fehlerfreie Lösung zu erreichen, der kann nichts bewegen. Manches, was uns so starr und so hartnäckig erscheint, zeugt von dieser Haltung.
Wir habe es gerne korrekt, stabil, ordentlich – alles soll nach den Vorstellungen von Effizienz und Ergebnis funktionieren. Da kommen Fehler nicht vor.
Der Fehler ist in unserer etablierten Welt in etwa so unbeliebt wie Dauerregen, eine defekte Waschmaschine oder Falten. Braucht man alles nicht, ohne diese Miesmacher könnte das Leben doch so perfekt sein.
Doch leider ist das Leben anders. Oder vielleicht sollte man sagen: wunderbarerweise ist das Leben so.
Ja, es stimmt: Fehler können zu Katastrophen führen, können Menschen Schlimmes zufügen. Doch der unbedingte Versuch, Fehler zu vermeiden, ist nicht immer angebracht. Denn in den meisten Entscheidungsmomenten geht es eben nicht um Leben und Tod. Sondern um eine lebenswerte Fortentwicklung.
Wer etwas auf den Weg bringen will, das zu einer Verbesserung führt, zu einer guten Chance, einer hilfreichen Methode, einer nützlichen Technologie oder atemberaubender Kunst, der muss experimentieren, ausprobieren, etwas wagen.
Und damit verbunden ist stets das Hin und Her aus Versuch und Irrtum, also dem regelmäßigen Auftauchen von Hoffnung, Fehler, Scheitern und Gelingen.
Wie bereits ein altes Sprichwort weiß: Aus Fehlern lernen wir. Oder: Versuch macht klug.
Im Englischen gibt es zwei Begriffe, die mit „Fehler“ übersetzt werden können: „Mistake“ meint den Missgriff, den Irrtum. Blöd gelaufen, doch meist nicht dramatisch. „Fault“ dagegen bezeichnet eher den schuldhaften Fehler, einen, der nicht aus Versehen passiert, sondern der einen echten Schaden verursacht und Verantwortliche hat.
Denn es gibt nicht den einen Fehler. Das Phänomen hat unterschiedliche Qualitäten. Manch ein Fehler kann durchaus Sinn machen.
Die Welt ist ein Forschungsfeld. Nur diejenigen, die ständig beobachten, Zusammenhänge suchen und erkennen wollen, die sich auf Unbekanntes, auf das Offene und auch Unsichere einlassen, denen ist bewusst, dass Fehler der Schlüssel sind für Ideen, für Lösungsmöglichkeiten, für Entdeckungen, die helfen, voranzukommen.
Jeder Fehler erscheint auch bei dieser forschenden Methode natürlich erst einmal als ein Hemmschuh, der den auf Effizienz getrimmten schnellen Lauf zum Erfolg behindert. Aber oft wird am Ende ersichtlich: ohne den Fehler an einer bestimmten Stelle hätte man das bestmögliche Ergebnis nicht erreichen, etwas Schöneres und Besseres nicht entdecken können.
Feiern wir den Fehler doch mal! Er ist der kleine Fleck an der weißen Wand, den man zu etwas Schönem umwandeln kann.