Gehorsam

Gehorsam hat ausgedient. Wie Hörigkeit, die Schwester der Gehorsamkeit. Nicht falsch verstehen: zuhören und hinhören - das sind die Gebote der Stunde. Genau wie hinsehen. Unsere Wahrnehmung sollten wir schärfen und trainieren. Es gibt Vieles, das unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert.

Da allerdings handelt es sich um aktive, bewusst getroffene Entscheidungen. Wer hört, sieht, fühlt, wer seine Umgebung, die Menschen, die Welt wahrnimmt, nimmt auch teil an all dem, beteiligt sich. Das ist ein gegenseitiger Prozess.

Während Gehorsam nur eine Richtung kennt - man hat einer Ansage Folge zu leisten - erfordert Zuhören die aktive Verarbeitung des vernommenen Inhalts und eine entsprechende Reaktion. Über Sprache, über Handeln, auch über Widerstand. All das ist dem Gehorsam fremd.

Wer den einfordert, erwartet keine Auseinandersetzung mit dem Gesagten. Will keine aktive Reaktion, erst recht keine eigenständige Vorgehensweise. Eine gehorsame Person nimmt Obrigkeit hin, hinterfragt nicht und stellt keine Fragen. Sie stellt die Ansage von oben nicht in einen Kontext und sich selber in eine kritische Verantwortung. Sie sagt Ja und Amen. 

Hier zeigt sich die Nähe zwischen bedingungslosem Glauben und Gehorsam. Wer an eine Übermacht glaubt, die alles richtet und der man unterworfen ist, der neigt auch dazu, sich den entsprechenden Mächten gehorsam unterzuordnen und zu fügen. Wenn das nicht mehr einfach funktioniert, weil Zweifel aufkommen an der Obrigkeit, dann werden von dieser Daumenschrauben angezogen, dann werden Sanktionen eingeführt, die den Gehorsam erzwingen sollen.

Spätestens dann sollte man hellhörig werden. Dann nämlich gibt es keinerlei Freiwilligkeit mehr, die vielleicht noch für den Glauben gilt. Zwang steht in einem engen Zusammenhang mit Gehorsam. Denn die Allerwenigsten sind bereit, den Gehorsam so weit zu treiben, bis keine Freiheit mehr bleibt.

Solange es bequem ist, einfach nur unkritisch zu folgen, mag das das Leben erleichtern. In dem Moment, wo solche Folgsamkeit, eine bedingungslose Hörigkeit, der Gehorsam gegenüber Mächtigen die Entscheidung zur freien Lebensgestaltung nicht mehr möglich machen, in dem Moment wachen selbst die Schafe auf.

Die Meisten, die Aufmerksamen entziehen sich dem Versuch bestimmter Personen und Gruppen, sie hörig zu machen. Sie stellen Fragen und sie sprechen selber. Sie setzen sich mit dem, was ist und dem, was sein sollte oder könnte auseinander und dem Gehorsam etwas entgegen. Sie übernehmen Verantwortung, treffen eigene Entscheidungen, gehen Risiken ein, um für sich, ihr Umfeld und die Welt etwas zu erreichen, das eine lebenswerte Zukunft hat. 

Das ist deutlich anstrengender als willfähriger Gehorsam. Wer allerdings ein Ziel vor Augen hat und sich nicht zufrieden gibt mit dem Rückzug ins Geschlossene und Private, wer interessiert ist an dem, was werden kann, der lässt sich nicht zwingen zu einer passiven Haltung, die zu Erstarrung führt.

Denn: Bewegung tut uns allen gut. Am besten, indem man gegen den Strom schwimmt. Die Aussichten sind gut, an ein erstrebenswertes Ziel zu kommen.

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