Freiheit
Die Freiheit ist schon vielfach, breit, tief und gründlich behandelt, besungen und ausgerufen worden. Egal ob in Philosophie, Politik, Soziologie, Kultur oder im Alltag – sie treibt uns alle um. Entweder, weil wir sie haben oder nicht, weil wir ein Mehr an Freiheit einfordern oder aber beklagen, dass sie eingeschränkt würde.
Eine Forderung nach weniger Freiheit wird nur dann aufgestellt, wenn es darum geht, anderen die Freiheit zu beschneiden oder ganz zu entziehen.
Die Nachbarn auf dem Campingplatz – nehmen sich ja wohl was heraus. Die Kollegin in der Firma – darf mehr als die in der Abteilung nebenan. Die linke Spur auf der Autobahn – ist doch klar, wer die Freiheit hat, die zu nutzen. Freiheit kann schließlich nicht für jede und jeden das Gleiche sein. Da muss es doch wohl einen Unterschied geben. Oder etwa nicht?
Freiheit wird vorzugsweise im Sinne des eigenen Vorteils verstanden. Dann ist sie wie eine Art Berechtigungsschein, der eingesetzt werden kann, um sich möglichst ungehindert Zugang zu allem zu verschaffen, das man erreichen will. Egal ob es der Club ist, der eigentlich niemanden mehr aufnimmt, die Straße, die eigentlich gesperrt ist oder die ungeprüfte Aussage, die mal eben raus muss – die Freiheit nehm‘ ich mir (wie eine Werbung aus dem 20. Jahrhundert mal titelte).
Allerdings wird schnell vergessen, dass selbst dort, wo Freiheit garantiert wird – wir leben in dieser glücklichen Verfassung – damit nicht gemeint ist, sich nach eigenem Gusto frei machen zu können von allen äußeren Bedingungen, von den Belangen anderer.
Denn Freiheit auf einem Planeten mit bald 8 Milliarden Menschen bedeutet immer auch die Freiheit all dieser. Damit rückt die Grenze, bis zu der die eigene Freiheit reicht, näher heran. Denn diese endet bekanntlich dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt.
Nehmen wir uns in Europa die Freiheit, überall hinzureisen, alles Erwerbbare zu kaufen und zu konsumieren, und halten wir es für selbstverständlich, in Frieden zu leben und selbstbestimmt entscheiden zu können, bedeutet das für Viele außerhalb dieses Areals fast folgerichtig weniger Freiheit, in der sie all dies tun können.
Es ist keine neue Erkenntnis, dass Freiheit vor allem Verantwortung bedeutet. Vielleicht wird das heute, wo zu allem zu wenig Zeit ist und das Nachdenken darüber unterbleibt, schnell vergessen. Außerdem ist es recht bequem, sich auf die eigene Freiheit zu berufen. Der Gedanke an die Freiheit anderer ist da eher hinderlich. Die müssen sich halt gedulden.
Tun sie aber nicht. Immer mehr Menschen entscheiden, ihre Freiheit auch zu leben. Sie wollen Freiheit nicht mehr von denen, die sie haben oder für sich reklamieren, portionsweise zugeteilt bekommen, sondern ihr Sein und ihr Umfeld selbst gestalten. Sie beanspruchen ihren Anteil an Freiheit auf einer Welt, die wohl kaum in unterschiedliche Freiheitszonen aufgeteilt sein kann.
Lassen wir doch allen ihre Frei-Räume. Ihre Möglichkeiten, nicht nur sich selber, sondern Gesellschaften zu entwickeln, in denen man frei denken, sprechen, gestalten und leben kann. In freier Verantwortung.