Erfahrung

Schon wieder so ein schönes Wort. Eines, das übrigens recht häufig verwendet wird, oft allerdings inhaltsleer. Dann wird es im gleichen Atemzug genannt wie Erkenntnis oder Erlebnis.
Hier können wir diese verschiedenen Begriffe vielleicht mal auseinandernehmen.
Fangen wir hinten an - Erlebnis.

Alles soll heutzutage Erlebnis sein können. Egal ob es um den Kirmesbesuch, das Kinoprogramm, die Restaurantauswahl, eine Lehre oder den Beruf geht. Da muss was geboten werden, man will nicht nur Beschäftigung oder Zeitvertreib - es soll schon ordentlich Abwechslung, Unterhaltung und Spannung geben.
Im Ergebnis kommt dabei meist Erschöpfung heraus. Schlicht, weil diese Erlebnisse oft nur kurz andauern, obwohl sie mit viel Energieaufwand betrieben werden.

Machen wir also weiter bei der Erkenntnis. Der Begriff verrät es - die Angelegenheit hat mit Kenntnis zu tun. Hier also muss man sich Informationen und Wissen beschafft und erworben haben, um zu Erkenntnis gelangen zu können. Lernen, so die Idee dahinter, soll dazu führen - egal ob aus der Theorie oder über praktische Experimente.

Und damit nun kommen wir zur Erfahrung. Man ahnt es vermutlich: Beides, Erlebnisse und Erkenntnisse, können zu Erfahrung beitragen. Allerdings nicht automatisch.

Erlebnisse, die in schnellem Wechsel an einem vorbeirauschen oder Erkenntnisse, die man nur für ein kurzfristiges Ziel erreichen will, die bilden keine Erfahrung aus. Denn - auch hier steckt die Bedeutung wunderbarerweise schon im Wort selber - man muss sie sich er-fahren. Und dazu braucht es weder ein Auto, noch sonst ein Fortbewegunsmittel, das einen durch die Welt treibt.

Wenn allein Alltagserlebnisse, das, was das Leben tagtäglich bietet, mit Neugierde und Aufmerksamkeit beobachtet und hinterfragt werden, dann sind daraus bereits Einsichten zu gewinnen. Wenn man die wiederum anreichert mit Wissen - ob aus Büchern, Filmen, den Erzählungen Anderer oder aus diversen Medien – dann kommt man zu Erkenntnissen.

All das zusammengenommen ergibt im Zeitverlauf Erfahrung. Es braucht also diesen Weg, auf dem man durch die Welt in ihrer ganzen Vielfalt reist und in der man Signale empfängt, die helfen, sich selber einzuordnen.

Denn das macht Erfahrung aus: Die eigene Offenheit und Fähigkeit, sich mit der Welt auseinander und in Beziehung zu setzen. Und je länger man dies tut, je mehr man erleben und erkennen konnte, je mehr Zeit man also auf diesem Weg gegangen ist, desto mehr Erfahrung sammelt sich an.

Jede und jeder macht im Laufe seines Lebens Erfahrungen. Die Frage ist jedoch, wie sehr man diese Erfahrungen in sein Leben einbezieht und wie hungrig man ist, diese Übung immer weiter zu machen.
Wenn Erfahrung in dieser Zeit den gleich Stellenwert hätte wie Erlebnis und Erkenntnis, weil sie die menschliche Art ausmacht und unser soziales Miteinander fördert, dann - so die steile These - wäre unsere Gesellschaft eine andere.

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