Diplomatie
Das Wort verwendet man, wenn es darum geht, etwas vernünftig, im Gespräch, politisch korrekt und konstruktiv zu lösen. Besonders verorten wir es in der Politik.
Auch in der Pädagogik findet es sich, denn für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen braucht es oft genug diplomatisches Geschick und Fingerspitzengefühl.
Apropos Fingerspitzengefühl. Eigentlich die Kern-Kompetenz des diplomatischen Personals. Das ist etwas anderes als Empathie, die es in diesem Tanz um eine Lösung natürlich ebenso braucht.
Einschub: An anderer Stelle wurde hier schon betont, wie lebenswichtig für unser Miteinander diese menschliche Fähigkeit ist oder sein sollte.
Zurück zur Diplomatie. Meistens wird sie in unserer medialen Welt vor allem dann in Symbolbildern sichtbar, wenn sie scheitert. Ein ewig langer Tisch im Kremel wie aus einer Phantasiewelt, an dem sich die Kontrahenten meterweit entfernt gegenübersitzen. In Camouflage-Kleidung verhandelnde Männer, die ohne Einigungswillen vor allem Säbelrasseln demonstrieren. Parteien mit gegenläufigen Interessen, die sich publikumswirksam die Nächte um die Ohren schlagen, um am Morgen übermüdet zu erklären, dass nun zum Streik aufgerufen würde.
Die so genannte „Hinterzimmerdiplomatie“ dagegen ist nicht öffentlich. Was oft genug ebenso prolematisch ist, da man ihr Gemauschel vorwerfen kann. Da hat man schnell im Verdacht, dass dort unfaire, unkorrekte Deals ausgehandelt würden, die bestimmten Interessen, nicht aber der Sache dienen.
Ist Diplomatie also mit Demokratie, mit Partizipation, mit Transparenz vereinbar? Also mit all dem, was heute überall mehr oder weniger lautstark gefordert wird? Oder war sie schon immer eine Sache unter bestimmten Fachleuten, die außerhalb eines Spezialgebiets niemand versteht? Wie geht Diplomatie also in Zeiten von Social Media, Hacks und lauter Empörung?
Holen wir nochmal das Fingerspitzengefühl hervor. Das ist ja nun keine physische Übung, sondern eher ein Talent, eine Frage von Bildung und dem Interesse daran, sich sensibel mit einem Umstand, mit Menschen und Zusammenhängen zu befassen. All das braucht Zeit.
Denn es geht nicht um die schnelle Erfolgsmeldung, den medialen Schnappschuss, die Präsenz auf einem roten Teppich, den Post auf einem weltweit verbreiteten Kanal. Es geht darum, herauszufinden, welche Befindlichkeiten, Gründe, Unsicherheiten, Ziele und andere Fragen im Raum stehen, die die Lösung eines Konflikts gerade behindern. Wie also schafft man es, den verhandelnden Menschen eine Plattform zu geben, die dem Problem angemessen ist?
Denn das muss Diplomatie leisten: Konflikte menschenwürdig, zukunftsorientiert, zusammenhängend und verständlich im Rahmen von universell geltenden Werten zu beenden.
So einfach dahingeschrieben. Manchmal auch, nach mühsamen Verhandlungen, auf einem entsprechenden Dokument unterschrieben.
Allerdings - wenn wir uns die Welt anschauen - offenbar schwer zu leben.
Schreiben wir uns den Anspruch, diplomatisch, fair und lebensfroh mit allen Menschen umzugehen, doch mal hinter die Ohren. Vielleicht hat das ja Auswirkungen auf unser Fingerspitzengefühl.