Verbindlichkeit

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Ver- bitte was? Was ist denn das für ein aus der Zeit gefallenes Wort. Das klingt eher nach einem Klebstoff als nach etwas, das sich für das Miteinander von Menschen eignet. 

Das in diesem Begriff befindliche Reizwort heißt „-bindlich“. Klingt wie das Gegenteil von frei und beweglich. Und das wollen oder sollen doch heute alle sein. Neudeutsch auch „agil“. 

So ganz ungebunden kommen wir doch viel besser weiter! Die Frage ist nur: Wohin?

Jedes Leben ist ein persönliches, ein eigenes. Aber ist es deswegen auch ein individuelles? Ist es unter den Gegebenheiten ratsam, dass jeder Mensch auf dieser Welt seinen individuellen Vorstellungen folgt? Vorrangig die Interessen des „Ich“ im Blick hat? Wann gerät dieses Konzept an seine Grenzen?

Spätestens dann, wenn man selber nicht mehr in der Lage ist, ohne Andere weiterzukommen, spätestens dann wird klar: nur individuell ist auch keine Lösung. 

Was ist das Gegenteil von individuell? Sozial zum Beispiel. In einem sozialen Verbund ist man eingebunden in eine Gemeinschaft, der man zugehört, von der man Teil ist. Diese Gemeinschaft kann das Leben vervollständigen und Impulse zur Weiterentwicklung geben. Auch zur persönlichen.

Verbund, Verbindung, Verbindlichkeit. Das Gegenteil davon wäre Losgelöstheit. Ungebundenheit eben. Doch verliert man damit nicht auch sein soziales Leben, seinen Gemeinschaftsanteil? Was also bedeutet Verbindlichkeit? Kann sie helfen, uns in Zeiten von Irritation, von Orientierungslosigkeit, von ungelösten Fragen auf einen Weg zu bringen, der ein Ziel vor Augen öffnet? Oder ist das zu eingeschränkt?

Bindung scheint verbreitet ein Schreckenswort zu sein. Damit einher geht die Vorstellung, man würde in die Enge getrieben. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir uns von der alten Begriffs-Assoziation lösen und das Wort neu aufladen.

Dazu hilft der Blick auf das, was man sich selber wünscht. Oder was man braucht, um im Leben glücklich sein zu können. Ganz schnell kommt man dann auf Familie, Freunde, Begegnungen mit Menschen, die da sind, einfach so und besonders dann, wenn man sie braucht, auf die man sich verlassen kann. Und zwar ganz eindeutig und bestimmt. Ohne Wenn und Aber. Die sich nicht zurückziehen, Termine stornieren, Vereinbarungen nicht einhalten, sich nicht melden, weil doch ganz spontan was anderes ansteht.

Das ist Verbindlichkeit.

Menschen, für die eine Zusage eine Zusage ist, kein: Vielleicht. Für die ein Ja ein Ja ist, kein: Unter bestimmten Umständen. Für die Präsenz da sein bedeutet, kein: Vorbeikommen, wenn gerade nichts Besseres zu tun ist.

Hat jemand behauptet, das sei leicht? Keineswegs. Für Manche scheint es allerdings eine regelrechte Zumutung zu sein, die nicht akzeptabel ist

Diejenigen, die derart frei sein wollen, muten damit anderen eine Welt zu, in der immer weniger gilt und in der sich schließlich Viele wundern (das wundert….), warum Klarheit, soziale Sicherheit und menschliche Wärme in unserer Gesellschaft fehlen. 

Vielleicht können wir Verbindlichkeit wiederentdecken. Als eine Wärmequelle, als eine bindende Offenheit, die nicht alles möglich macht, aber das gute Gefühl gibt, dass das Gemeinsame gelingen kann. 

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