Resignation
Zurücktreten bitte, so könnte man es auch verstehen. Wer resigniert, steht nicht mehr vorne, ist nicht in aktiver Position, bleibt lieber im Verborgenen und lässt andere machen. Passende Gesten dazu sind Schulterzucken, Augenverdrehen, Kopfeinziehen. Diese Übungen kann man im noch jungen 21. Jahrhundert verbreitet beobachten.
Auf der einen Seite wird diese Zeit hochgejubelt. Was ist nicht alles möglich! Künstliche Intelligenz, globale Vernetzung, Medizin-Fortschritt, Insekten-Burger, Hybrid-Autos, Luft-Taxis, Mars-Flüge und noch so viel mehr.
Auf der anderen Seite, so scheint es, ist unsere eigene Intelligenz nicht weit genug entwickelt, um bei all dem mitzukommen. Erst recht ist es nicht unsere individuelle und soziale Kompetenz.
Zwar wird der Mensch oft als „Rudeltier“ beschrieben, als ein Wesen, das sich gerne in Gruppen aufhält, doch bringt das Zeitalter von „social media“ verstärkt ein anderes Phänomen hervor: Es kommt verbreitet zu Vereinzelung im Sinne eines Auf-sich-selbst-zurückgeworfen-Seins.
Um dabei nicht verloren zu gehen, ziehen sich immer mehr Menschen in kleine Fluchten zurück. Die zunehmend fremde und konfliktbehaftete Welt mit ihren 8 Milliarden diversen Bewohnern und Bewohnerinnen wirkt zu beängstigend, nicht stabil und nicht kalkulierbar. Alles, was man mal gelernt hat, wird hinterfragt und wirft zudem noch mehr Fragen auf, als man beantworten kann.
Und damit sind wir bei dieser verbreitet festzustellenden Resignation angekommen. Im Wortsinne ist damit gemeint, dass man z.B. auf eine Position verzichtet, einen Anspruch nicht geltend macht, sich also ausschreibt. Man ist nicht mehr Teil der Sache, will – oder muss – raus aus der Verantwortung.
Das ist manchmal eine ganz bewußte Entscheidung. Mit diesem verbreiteten Irrsinn will man nichts mehr zu tun haben. Viel häufiger aber geschieht Resignation passiv, schleichend, ohne großen Aufhebens. Man ist nicht mehr dabei, beteiligt sich nicht, geht aus dem Gespräch, überlässt anderen das Feld. Im Personalsektor nennt man solch ein Verhalten“ „innere Kündigung“.
Übrig bleiben die, die sich in der Pflicht sehen, die in einer Welt des Miteinanders, des Austauschs, des Voneinander-Lernens bleiben wollen. Doch wenn die Resignation immer weiter Fuß fasst, immer weniger Menschen übrigbleiben, die sich zuständig fühlen, dann wird es schwierig. Miteinander geht eben nur mit anderen, nicht alleine.
So laufen wir Gefahr, immer mehr zu einer Gesellschaft der Resignierten zu werden, die das 21. Jahrhundert eben nicht dahingehend beflügelt, aus den Möglichkeiten das beste Menschenmögliche zu machen. Und das ist nicht nur schade, weil so viele Chancen der Verbesserung liegen bleiben, sondern weil diese Rückzüge auch bedeuten, dass wir immer übellauniger werden.
Es kann also nur heißen: Raus aus der Resignation! Stattdessen vielleicht mehr Provokation? Wenn wir uns und andere herausfordern, los zu kommen von der Rückzugsmasche, dann könnte doch Manches besser gelingen, als es am Anfang dieses Jahrhunderts gerade aussieht. Na denn mal voran.