Reichtum
Reichtum ist ein Reizwort. Man hat gleich die Bonzen vor Augen, die, mit den dicken Brieftaschen, den noch dickeren Autos und den dicken Klunkern am Hals. Alles mehrere Nummern zu groß und eben zu dick aufgetragen. Kaum jemand findet das sympathisch, wobei gleichzeitig sehr viele einem solchen Lebensstil im Trash-TV neidvoll folgen.
Aber geht es da wirklich um Reichtum? Oder doch mehr um einen unerträglich präsentierten Wohlstand, der vor allem eins signalisiert: Stillstand. Denn in dieser Schein-Welt gibt es kein echtes Fortkommen, sondern nur die Verteidigung eines Status Quo, der Änderung lediglich dahingehend ermöglicht, von dem, was man hat noch mehr anzuhäufen.
Und dafür kann man eigentlich nur ein Armutszeugnis ausstellen.
Reichtum ist nach dieser Auffassung Prunk, der in einer sehr alten Version ständischen Lebens mal die Macht von Herrscherhäusern vermittelte und auch sichern sollte.
Heute sind andere Definitionen möglich – und zwar die vielfältigsten.
Reich sein können wir auf unterschiedlichste Weise - und zwar jede und jeder: reich an Talent, an Humor, an Kreativität, an Einfühlungsvermögen, an Zeit, an Intelligenz, an Ideen, Phantasie usw. usf.
Wer hat sich nicht schon bereichert gefühlt, weil Musik einen tief berührt hat, weil man inspiriert wurde von einem Kunstwerk, weil man einen Moment schöner Schlichtheit erlebt, weil das Rapsfeld in der Sonne satt gelb leuchtet. Das alles ist reich, das hat Wert und ist bedeutungsvoller als es die landläufige Vorstellung von Reichtum jemals sein könnte.
Reichtum nämlich ist das, was uns zur Verfügung steht, um Mensch sein, etwas empfinden und uns entwickeln zu können. Dahinter steckt die große Auswahl an Möglichkeiten, die wir haben und die wir uns auch im Alltag schaffen können.
Wenn wir nicht permanent im Räderwerk der Zeit dem Wohlstand nachjagen, sondern Reichtum in der Geste, dem Moment wahrnehmen können und uns dabei der Dynamik des Systems entziehen würden, dann könnten wir alle reicher sein. Und sicherlich auch entspannter.
Nicht zuletzt würde ein solches Leben mehr Beweglichkeit und mehr Freiheiten schaffen. Wir könnten die Zeit damit verbringen, uns unserer eigentlichen Werte bewusst zu werden und nach der Antwort zu suchen, was uns als Mensch und als Gemeinschaft denn wirklich ausmacht, was wir wirklich wollen. Was wir wert sind.
Keine einfach zu beantwortende Frage. Dazu gibt keine Bank Auskunft, kein Versicherungsbüro, keine Anlagestrategin, kein Private-Equity-Guru. Da muss man schon selber drauf kommen und sich außerdem abstimmen mit denjenigen, mit denen man diesen Planeten bewohnt.
Ideenreichtum hilft da weiter. Je mehr Ideen man hat, desto besser. Daraus dürften sich reiche Erträge ergeben.
Wenn man das so sieht, könnte man den Eindruck gewinnen, Reiche sind manchmal ganz schön arm dran.