Orientierung

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Hat noch jemand den Durchblick?

Es ist vertrackt: Überall soll man sich auskennen. Regeln muss man beherrschen, Definitionen aufsagen können, Hintergründe verstehen, das Internet nutzen, neue Methoden erlernen, Menschen begreifen, Länder und Sitten durchdringen, Müll sortieren, Ernährung und Gesundheit analysieren. Und das war noch nicht alles.

Jeder Mensch ist heute aufgefordert, Expertin oder Experte zu sein. 

Manche von denen, die sich gerne in den redefreudigen Medienformaten tummeln, versuchen uns weiszumachen, dass sie wüssten, was richtig und was falsch ist. Wie man die Dinge verstehen, einordnen und sich verhalten muss.

Diese Personen haben manchmal sogar wahre Macht. Egal, ob sie bzw. ihre Darstellungen immer wahr sind oder nicht.

Expertentum hat Hochkonjunktur. 

Das hat seine guten Seiten. Menschen wollen wissen und verstehen, was um sie herum passiert. Sie sind interessiert an der Welt, neugierig auf das, was sie umgibt, brauchen zu ihrer Entwicklung Hinweise, die sie auf ihrem Weg ein bisschen leiten oder doch zumindest unterstützen können.

Es ist gut, wenn sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und andere schlaue Köpfe mit Fragen auseinandersetzen und versuchen, Lösungen und Antworten zu finden, die dringend notwendig sind, um unser aller Leben zu verbessern.

Doch Expertentum bringt auch Irrlichter hervor. Da äußern sich Leute vor jeder Kamera, derer sie habhaft werden können, um ihre Sicht der Dinge zum Wohle (?) einer möglichst großen Community den eigenen Followern darzubieten.

Viele davon haben weder den Hintergrund noch das Wissen noch die Erfahrung noch sonst viel, was sie zu einem „Influencer“ machen sollte. Sie haben oft einfach nur die Chuzpe, mit ihrer Sicht der Dinge nach draußen zu gehen.

Orientierung gibt das nicht. Im besten Fall hat man nach diesem einflussreichen Hinweis gute Musiktipps oder eine neue Idee. Im schlechteren Fall hat man zu viel Geld für Sneaker ausgegeben, die nicht passen. Und wenn es ganz übel läuft, ist man danach auf dem Holzweg.

Orientierung suchen wir in diesen schnellen Zeiten, in denen an jedem Tag eine unfassbare Informationsflut auf uns hereinprasselt, alle. Da aber kaum jemand Zeit hat, diesen Wust an Meldungen zu sichten und zu prüfen, sucht manch einer sich zwangsläufig das schnell Konsumierbare oder das auf die Schnelle Verständliche heraus, das in den eigenen Kontext passt. 

Leider entspricht das zu selten einer guten Expertise für eine klare Orientierung.

Orientierung ist eben nicht der schnelle Wink – mit oder ohne Zaunpfahl. Auch nicht der Stupser in die (vermeintlich) richtige Richtung. Oder die Ansage eines Amtsträgers.

Die Crux an der Sache nämlich ist: Orientierung bekommt man nicht, man muss sie finden. Und das geht nur über viele Fragen, über mehrere Versuche, über Ausprobieren, Verwerfen, Glück, Scheitern und die Suche nach dem besten Weg in dieser Welt voller Möglichkeiten.

Dabei hilft es, mehrmals hinzuschauen. Dann tut sich auch mal ein neuer Blick auf, der dahinführt, wo man auch tatsächlich hinwollte. Willkommen!

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