Neutralität

In diesem Blog werden viele Fragen gestellt. Auch hier starten wir gleich damit: Kann es auf einer Welt mit ca. 8 Milliarden Menschen so etwas wie „Neutralität“ überhaupt geben?

Der Begriff wird heute gerne verwendet, wenn man etwas herunterspielen, ja vielleicht sogar verharmlosen will. Die Klimakrise - der begegnen wir mit Klimaneutralität. Kriegerischen Auseinandersetzungen - denen setzen wir ein angeblich neutrales Verhalten entgegen, das sich auch „Nichteinmischung“ nennt.

Neutral bleiben oft auch die, die nichts ändern wollen. Bloß keine Stellung beziehen, nicht kritisch werden - lieber neutral oder, anders gesagt, nichtssagend bleiben.

Eine weitere – ebenso belanglose – Bedeutung hat das Wort auch, wenn man damit ausdrücken will: passt zu allem. Man muss sich nicht festlegen, liegt immer richtig, muss keine eindeutige Entscheidung treffen.

Diese Neutralität können wir uns als aufgeklärte, als informierte, als Menschen, die sich gerne als gebildet begreifen, nicht leisten. Was wir allerdings leisten müssen ist, unsere Welt sachlich und fachlich sowie energisch und mit zuständiger Begeisterung zu sehen, zu verstehen und zu behandeln.

Neutral zu sein ist Menschen, die subjektiv, emotional, mit unterschiedlichen Hintergründen, Lebensbedingungen, Prägungen und unter anderen Voraussetzungen fühlen, denken und agieren, tatsächlich gar nicht möglich. Denn dann wären wir programmierte Roboter, die sich auf einen Standard festlegen ließen, der als neutral definiert worden wäre. Sind wir aber nicht.

Jede unserer Handlungen hat Auswirkungen. Alles, was wir tun, hinterläßt Eindruck. Ob ökologisch, sozial, im kleinen oder größeren Umfeld, auf mentaler oder auf faktischer Ebene. Und das, was wir tun, können wir in der Regel nicht zurücknehmen - es ist in der Welt.

Für eine blöde Äußerung kann man sich entschuldigen und hoffen, dass diese Entschuldigung größeren Eindruck hinterlässt als der Schaden, der zuvor im Miteinander angerichtet wurde. Nach Jahren eines intensiven Verbrauchsverhaltens kann man damit beginnen, den Konsum zurückzufahren. Doch die Auswirkungen des vergangenen Tuns sind nicht mehr zurückzunehmen. Es ist nicht möglich, Fehler und Mißverhalten zu neutralisieren. 

Das Einzige, was Menschen möglich ist, mit aller Subjektivität, mit den vielfachen Begrenztheiten, der Fehleranfälligkeit und weiteren Einschränkungen: wir können, nein wir müssen Verantwortung übernehmen. Persönliche Verantwortung, die nicht auf einen externen neutralisierenden Faktor setzt.

Und dann kann man nur hoffen, dass diese Verantwortungsübernahme ansteckend ist. Damit wir eine Welt haben oder bekommen, in der ca. 8 Milliarden Menschen alle würdig leben können. Als Menschen - nicht als neutrale Wesen auf einem schön gerechneten neutralisierten Planeten.

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