Funktion
Irgendwie hat dieser Begriff keine Seele. Was soll funktionieren?
Die Kaffeemaschine am frühen Morgen, die Heizung, wenn es kalt ist, das Licht der Leselampe.
Ja, auch das Programm für die Video-Konferenz, entsprechend das Internet, die Stromzufuhr, die erforderlichen Geräte.
Hinter jedem dieser Dinge liegt eine Infrastruktur, von Menschen entwickelt und gemacht, um etwas zu erleichtern, etwas überhaupt erst zu ermöglichen, um Hürden oder auch einen Lockdown zu überwinden.
Doch man sollte sich nicht täuschen: „Es funktioniert“ hat darüber hinaus kaum Bedeutung. Zumindest keine nachhaltig menschliche. Denn Dinge (!), die funktionieren, leben nicht. Kein Mensch will ein funktionierendes Subjekt in einem größeren Konstrukt sein, kein Rädchen im Getriebe, das danach bemessen wird, ob es die Funktionsfähigkeit der Maschinerie aufrechterhält.
In enger Verbindung zum Funktionieren stehen Plan, Ordnung, Normalität. Es sollte ja wohl normal sein, dass der Plan funktioniert und alles seine Ordnung hat, oder?!
Doch Moment. Ist das Leben?
Macht uns das als menschliche Wesen aus?
Wenn etwas funktioniert, lohnt sich scheinbar kein Nachdenken mehr. Man verliert die Zuständigkeit.
Wer weiß heute eigentlich noch, wie die Dinge, die wir alltäglich ganz selbstverständlich nutzen, funktionieren? Warum kann man beispielsweise auf dem Bildschirm im Homeoffice die Kollegin in Übersee nicht nur sehen, sondern sie auch hören und mit ihr sprechen?
Wer hat eine Ahnung, geschweige denn das Wissen darüber, wie Algorithmen rechnen, welche Daten übertragen werden, welche Programme derweil aktiv sind?
Das Nachdenken darüber erübrigt sich für die Meisten, weil nur Wenige entsprechende Fachkenntnisse haben und alle dahinter liegenden Zusammenhänge erkennen können. Uns fehlt der Durchblick. Hinter dem Bildschirm, unter der Motorhaube oder im Bankautomaten befindet sich das große Unbekannte.
Lohnt sich also das Nachdenken über unsere (Ding-)Welt gar nicht mehr? Es funktioniert ja alles! Meistens.
Vielleicht sollten wir uns weniger damit aufhalten, dass etwas funktioniert, sondern uns lieber doch dem zuwenden, was uns zu Menschen macht, was wir brauchen und wie wir etwas bewegen können.
Das hat weniger mit Funktionen zu tun als viel mehr mit dem, was sinnlich erfahrbar, erlebbar und erlernbar ist. Und was wir in diesem sensuellen Miteinander verstehen, fühlen und gestalten können.
Dann denken wir auch wieder mehr darüber nach, was uns wirklich etwas bedeutet und welche Inhalte uns wichtig sind.
Funktioniert nicht immer, ergibt aber mehr Sinn.