Epoche

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Was eigentlich macht eine Epoche epochal? Was oder wer also definiert einen Zeitabschnitt als einen, der besonders bedeutsam, besonders groß, besonders einflussreich, besonders prägend war?

Bei dem Begriff Epoche schwingt ja immer schon gleich mehr mit als nur eine durch Daten abgegrenzte, eine historische Zeit. Hier spielen Themen, Menschen und Ereignisse eine Rolle, die kulturell, geographisch, technisch, philosophisch, wissenschaftlich, politisch oder aufgrund anderer einschneidender Entwicklungen zu etwas Neuem geführt haben. Zu einer neuen Zeit, bei der sich herausstellen muss, ob und wann die wiederum als Epoche in die Geschichte eingeht.

Während Zeit einfach so geschieht – oft gemessen in einer Spanne von Jubiläumszeiträumen wie 25, 50, 100 Jahren, dann gerne mit Lorbeer gekrönt – ist eine Epoche ein voluminöses Gesamtkunstwerk, das durch verschiedene, ineinander verwebte Einzelgeschehnisse zu etwas Erhabenem wird. 

Eine Epoche drückt sich aus in Kathedralen, in charakteristischer Architektur; in Denkmälern, die Personen zeigen, die der Epoche zuweilen ihren Namen geliehen haben; in Trümmern, die Zeugen sind einer Dramatik, die eine Epoche oftmals ausgemacht hat; in Büchern mit Titeln, die zum Kanon einer Gesellschaft gehören. Oder in Musik, die jeden Lifestyle überdauert.

Unsere Zeit wird von Vielen schon heute als epochal beschrieben. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob das aus der Gegenwart heraus überhaupt möglich ist oder ob nicht erst die Zukunft darüber entscheidet, was in den Olymp der Epochen aufsteigen darf. 

Es tut sich viel in unserer Welt. Die Stichworte tummeln sich in ungeordneter Abfolge in den Medien, den Talkshows, den Unternehmen, der Politik, der Wissenschaft und auf der Straße: Digitalisierung, Klimawandel, Migration, Globalisierung, Rassismus, Pandemie, Artensterben, Ungerechtigkeit u.v.a.m.

Ja, diese Themen sind groß. Jedes einzelne könnte eine ganze Epoche beschäftigen. Doch in dieser Menge, dieser Unfassbarkeit, in der gigantischen Dimension und ihrer Unübersichtlichkeit sind sie selbst für eine Epoche zu viel.

Schon allein die Frage, wie wir die Epoche nennen könnten, in der wir gerade leben, wird schnell zu einem Spiel, mit dem man sicherlich Kreativität trainieren könnte, das aber kaum an den Punkt führt, der alles eint.

Historikerinnen oder Autoren werden in der Zukunft sicherlich mal einen prägnanten Begriff finden, der aus der Sicht zurück alles miteinander in einem Wort verbinden kann.

Heute sind wir in unserer Verunsicherung zu sehr mittendrin und damit zu sehr von allem eingenommen, als dass wir genügend Distanz hätten, diesen Phänomenen begrifflich beizukommen. 

Also versuchen wir doch lieber, das Leben unserer Zeit mit Respekt und Weitsicht zu führen in der Hoffnung, dass diese Epoche irgendwann einmal einen wohlwollenden und wohlklingenden Namen erhält, der sich gut und gerne erinnern lässt.

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Deutungshoheit