Freizeit

Ist Freizeit mit Freiheit gleichzusetzen? Auf jeden Fall beginnen beide Worte mit „frei“. Aber was denn nun? Oder wie denn nun? Geht es darum, frei zu sein von etwas oder frei zu sein für etwas? 

Wenn man Freizeit ernst nimmt (ein Widerspruch in sich?), dann müsste es sich um eine Zeit handeln, in der man frei ist. Also keine Verpflichtungen hat, sich ohne Einschränkungen bewegen, tun und lassen kann, was einem in den Sinn kommt.

Doch diese Ernsthaftigkeit hat die Freizeit lange verloren.
Freizeit wird geplant, muss zelebriert werden, ist kostspielig, aufwendig und von vielen Faktoren abhängig. 

Wer Freizeit wirklich frei verbringt - also frei von allem - macht sich verdächtig. Nichts tun, die Seele baumeln und alles links, rechts und sonstwo liegen lassen – das ist nicht vorgesehen in unserer auf Ergebnis und Darstellbarkeit getrimmten Gesellschaft. Da ist jemand, der einfach nur rumsitzt? Kein Ziel hat? Stunden zerlaufen lässt, ohne dass etwas Konkretes, etwas Berechenbares, etwas Vorzeigbares dabei herauskommt? 

Nein. So geht es nicht. Freizeit ist eben doch eher die „Zeit für“. 

Für Programm, für Beschäftigung, für Ausflüge, für Begegnungen, für die Ostereisuche, Sandburgenbauen, After-Ski-Parties feiern und was sich sonst noch an Angeboten ausbreitet.

Wer nichts zu erzählen – heute heißt es „storytelling“ –, erst recht nichts vorzuzeigen hat – Selfies vor beeindruckender Kulisse, zumindest einen genial dekorierten Eisbecher – derjenige hat offenbar seine Zeit vertan.

Freie Zeit muss prall gefüllt sein. Jeder, der zuviel davon hat, ohne sie im effizienten Sinne zu nutzen, die oder der ist merkwürdig. Das ist irgendwie peinlich. Ein armer Tropf.
Doch vielleicht ist es genau anders herum?

Wenn Freizeit die Zeit ist, die ohne Forderungen, Erwartungen und Abhängigkeiten gelebt, für sich ganz persönlich erfahren und gefühlt werden kann, dann ist das doch vielleicht die eigentliche Definition von Freizeit.

Diese Zeit ist dann nicht in Kalendern notiert. Nicht gebucht. Nicht mit Programm versehen und durchgeplant. Diese Zeit findet ganz unspektakulär statt. Sie hat nichts Aufregendes, ist nicht vorzeigbar und ergibt keine Story.

Aber sie hat einen Wert, den wir uns viel zu selten bewusst machen. Diese Freizeit, die es uns ermöglicht, bei uns zu sein, gibt uns die Kraft und die Ideen, auch wieder in der Welt zu sein. Uns auf das einzulassen und dafür Energien zu tanken, für das wir Verantwortung tragen.

Freizeit zu haben ist ein großer Luxus und ziemlich paradiesisch. Auch, wenn sie nur einen kleinen Moment dauert, kann sie enorme Möglichkeiten frei-setzen. Wenn wir uns denn frei-machen von all den Programmen, die uns die Zeit stehlen.

Zurück
Zurück

Abwechslung

Weiter
Weiter

Verzicht