Fitness
Mit Fitness verbinden die meisten schweißtreibendes Trainingsprogramm in Studios voller Folterinstrumente, es ist anstrengend und macht Muskelkater. Warum sich dennoch viele dieser körperlichen Ertüchtigung unterziehen hat mit der Einsicht zu tun, dass man sich im Alltag meist zu wenig bewegt, dieses Verhalten für Gesundheit und Wohlbefinden jedoch wenig ratsam ist. Also ran an die Hanteln, rauf aufs Spinning Rad oder das Laufband und los!
Nun wissen wir, dass alle gute Einsicht und viel Wissen nicht unbedingt dazu führen, dass man ein solches Bewegungsprogramm auch tatsächlich macht bzw. durchzieht. Der viel zitierte „innere Schweinehund“ hat oft mehr zu sagen als die eigene Stimme.
Folgerichtig sieht man am Anfang eines Jahres sehr oft eine Menge Menschen mit großer Motivation auf den Geräten schuften, aber spätestens nach 6 Wochen hat sich das auch erledigt. Es gibt halt immer so viel zu tun.
Das Problem lässt sich auf ein anderes Phänomen übertragen. Denn Fitness ist nicht nur das, was man körperlich mehr oder weniger trainiert, sie betrifft ebenso den mentalen Zustand. Und auch den kann man trainieren.
Während sportliche Aktivität dazu beiträgt, sich gegen Krankheitserreger zu immunisieren, hilft geistige Betätigung, sich gegen Halbwahrheiten, Falschmeldungen und ungesundes Viertel-Wissen zu wappnen. Dieses Programm scheint – so kann man heute vielfach den Eindruck haben – noch schlechter gebucht zu sein als der Besuch im Fitness-Studio.
Machen wir doch die Probe aufs Exempel:
Wer in der letzten Zeit mal einen vollständigen Beitrag, gar ein Buch zu einem komplexen Thema gelesen oder eine umfassende Dokumentation gesehen hat, hebe den Finger.
Wer sich immer wieder mal mit unterschiedlichsten Menschen auch außerhalb der eigenen Blase über fremde Sichtweisen austauscht, hebe einen zweiten Finger.
Und wer sich selber regelmäßig so richtig gründlich hinterfragt und darüber nachdenkt, ob man sich auch der Meinung anderer öffnen kann als nur der eigenen zu folgen, hebe den dritten Finger.
Vermutlich wird kaum einer und kaum eine die komplette Übung schaffen, vermutlich werden sich selten alle 3 Finger heben. Das Programm ist nur was für Profis, als Amateur kann man das doch gar nicht stemmen. Wie denn? Dazu hat man doch gar keine Zeit. Und außerdem weiß man doch schon lange Bescheid, hat genügend Erfahrung und muss sich nicht ständig befassen mit dem ganzen Irrsin von sozialer Gerechtigkeit über Klimawandel und Generationenfragen bis hin zu digitaler Transformation. Und was es da sonst noch so alles gibt. Es wurden doch schon immer neue Säue durchs Dorf getrieben, und am Ende hat sich alles wieder beruhigt.
Irgendwie ist doch ohnehin alles evolutionär und vorgegeben, wiederholt sich Geschichte, hat sich das Wetter immer schon geändert und war die Jugend zu allen Zeiten rebellisch. Bleiben wir also mal schön entspannt und überlassen das aufgeregte Herumlamentieren den anderen.
Mit dieser steifen Haltung entwickelt sich nichts weiter. Das ist keine Übung, kein Fitnessprogramm und auch kein verantwortlicher Umgang mit einer Gesellschaft, die dringend mehr fitte Menschen braucht. Fit im Kopf, mental beweglich, offen für neue Eindrücke, informiert und bereit, sich zu wesentlichen Fragen unseres Menschseins auseinanderzusetzen und in der Lage, einen Beitrag für eine bessere Welt zu erbringen.
Wer fähig ist, sich kundig zu machen und reflektiert mit Erkenntnissen auseinanderzusetzen, die und der ist auch gefordert, sich nicht zurückzuziehen und die Finger zur Faust zusammenzurollen. Sondern solange Übungen zu machen, bis Finger 1, 2 und 3 nach oben gereckt sind.
Das hilft dazu, uns alle fit zu machen. Fit für eine Zukunft, die nicht nur für einen selber, sondern für uns Menschen auf diesem Planeten lebens- und liebenswert ist.
Na dann mal ran an das Trainingsprogramm!