Dialog

Die Anfangsbuchstaben dieses Wortes scheinen in die Zeit zu passen: di- macht eine Unterscheidung deutlich, im Gegensatz zu mono. Da ist alles eins. 

Das Di- kennen wir z.B. aus Dissonanz, Disput, Diskrepanz oder Diffarmierung. Da stehen sich zwei Seiten eher unversöhnlich bis feindselig gegenüber.

Wie schön, dass es auch den Dialog gibt. Hier kommen diese beiden Seiten wieder zusammen.

Das ist nicht immer einfach. Dialog wird verbreitet eingefordert, während gleichzeitig Vieles auseinanderzubrechen droht und ein Zugehen aufeinander, Verständigung, gar Harmonie irgendwo in der Versenkung gelandet zu sein scheinen.

Da ist vom Zerreißen sozialer Bindungen die Rede, von Spaltung der Gesellschaft, von Trennungslinien zwischen immer kleiner werdenden Gruppen. Ideologische Strömungen, politische Einstellungen, Sympathien und Antipathien lassen sich kaum mehr fassen, geschweige denn klar definieren. Eine Zuordnung von Menschen in Zielgruppen, in Einheiten, selbst in Familien oder Freundeskreise kann nur noch einem Versuch gleichkommen, bei dem man oft genug daneben liegt.

Und nun stellen wir uns mal vor, wie diese zersprengten Einzelhaufen wieder zusammenkommen können. Erst recht, wie ein Gespräch entstehen soll. Das dann auch noch konstruktiv verläuft. Wenn man schließlich noch berücksichtigt, dass die zweite Silbe von Dialog den logos in sich trägt, was eine „auf Verstehen angelegte Sprache“ meint, dann wird es nochmal schwieriger. Denn was ist vor dem Verstehen zwingend geboten: das Zuhören.

Der Dialog ist nämlich nicht vor allem auf‘s Reden fokussiert. Er speist sich aus dem Wechsel von Zuhören und Sprechen, auf ein Reflektieren und Räsonieren, um zu einer Vereinbarung zu kommen, die allen Teilnehmer:innen Entwicklungsfähigkeit ermöglicht.

Es geht also nicht um Harmonie, darum, einen Burgfrieden zu erreichen, um ein „Schwamm drüber“. Es geht darum, anderen Sichtweisen Geltung zu ermöglichen, Respekt zu erweisen, die eigene Auffassung auch einmal zurechtzurücken und sich und anderen Fragen zu stellen. Die vielleicht zu ungeahnten Antworten führen.

Das ist das Tolle am Dialog: Nahezu alles ist menschenmöglich.

Zurück
Zurück

Guthaben

Weiter
Weiter

Werk